Verklappungslehre

Vor ein paar Tagen sah ich mich unweit meines Heimes mit diesem Anblick konfrontiert. In einer Stadt, in der man an den verschiedensten Orten seinen Sperrmüll kostenfrei verklappen kann (BSR), oder sogar seinen Sperrmüll abholen lassen kann (BSR) wird alles, was der Haushalt nicht mehr braucht einfach auf der Straße entsorgt, meistens mit dem freundlichen Hinweis „zu verschenken“ dran. Da steht gerne im strömenden Regen an der von Hunden meistbepissten Ecke tagelang ein zerschlissenes Polstermöbelungetüm zum Mitnehmen bereit. Das will doch aber keiner haben! Hundeuringetränktes, schimmelndes Schaumstoffzeugs! Denkt doch mal mit!

In diesem Falle haben die Verursacher zumindest eingesehen, dass das Möbelstück nichts mehr taugt. Sie haben sich Schablonen angefertigt und Schmähungen der Obrigkeit draufgeschrieben. Als politische Botschaft sozusagen. Relativ witzig, jedoch dumm. Denn merke: Wer das Ordnungsamt nicht haben will, der vermeide seine Notwendigkeit! Es ist ganz einfach: Ordnungsstreifen gegen wilde Sperrmülldeponien werden nicht als Taskforce aus dem Boden gestampft wenn es keine wilden Sperrmülldeponien gibt. Und wilde Sperrmülldeponien sind nicht nötig weil: siehe oben. Das Ordnungsamt zu verdammen indem man ihm vollkommen überflüssigerweise eine Legitimation erteilt ist hirnrissig.

Noch schlimmer als diese Witzkekse hier finde ich aber Leute, die sogar offensichtlich motorisiert sind. Die packen ihren Sperrmüll dann ins Auto, fahren in das nächste Naturschutzgebiet und werfen den Kram dort in den Busch. Sieht man sehr häufig. Das ist dann schon strafbare Blödheit. Sich juristisch relevant zu verhalten mit einem höheren Aufwand als die sinnvolle legale Variante. Wo soll das alles enden?

Eine wichtige Frage ist hierbei noch zu klären: Die Leute sitzen gerne da, wo es nicht stinkt, wo man sich keine Scherben in den Arsch piekt und wo man sich allgemein nicht fühlt wie auf einer Müllkippe. Dennoch verlassen die Leute oftmals die besuchten Orte wie eine Müllkippe. Warum? Häufig ist es einfach gedankenlose Ignoranz gepaart mit entsetzlicher Faulheit und dem Wissen, es kommt schon irgendein Trottel, der hinter mir aufräumt, damit ich morgen wieder alles vollmüllen kann. Das kostet aber alles Geld! Jeder motzt über irgendetwas, was die öffentliche Hand gefälligst zu tun hat, aber nie ist Geld dafür da. Aber jeder, der sein vollgerotztes Taschentuch fallen lässt anstatt es zur nächsten Straßenecke zu tragen und dort in den bereitstehenden Abfallbehälter zu werfen, der vergeudet Geld!

„Die Lehrer werden alle so schlecht bezahlt, deswegen ist mein Kind so doof!“ oder „Die Jugendeinrichtungen werden weggespart, deswegen ist die Jugend so doof!“ oder „Es gibt zu wenig Bibliotheken, darum bin ich so doof!“, oder „Man hat zu wenig Platz zum Atmen in der Stadt, wir wollen mehr Grünflächen haben, sonst werden wir alle doof!“, so hört man es von allen Ecken brüllen.

Nimm Deinen Müll mit und die Stadt kann sich eine Runde Wegfegen die Woche sparen. Pack die Exkremente Deines Hundes in die Mülleimer und die Stadt kann sich die Hundekackesaugautos sparen. Bring Deinen Sperrmüll zum Recyclinghof und die Stadt kann sich weite Teile des Ordnungsamtes sparen. Die eingesparten Mittel könnten theoretisch in die Behebung der offensichtlichen Misstände fließen. Das Geld liegt nicht auf der Straße, es liegt in Deiner Hand.

Nun mag man gerne noch einwerfen, dass das gesparte Geld doch vielmehr für blödsinnige Infrastrukturprojekte, sinnlose Flughäfen und überflüssige Barockschlösser ausgegeben wird anstatt für sinnvolle Dinge. Das ist sicher richtig und die nächste wichtige Baustelle. Aber anfangen kann man doch immer zunächst bei sich selbst. Dann kann man auch viel besser mit dem Finger auf die verschwenderische Kaste im Rathaus und im Bundestag deuten. Der Verschwender taugt nicht als moralische Instanz gegen Verschwendung.

Und Müll in die Gegend werfen und Botschaften draufschreiben wie auf dem Bild zu sehen, das ist etwa so sinnvoll wie Wale harpunieren und „Fuck Sea-Shepherd!“ auf die Kadaver zu tätowieren, oder Pandas erwürgen und „Leck mich, WWF!“ ins Fell zu rasieren. Nur etwas weniger brachial.

Macht keinen Sinn.

Kann man auch lassen.

Ich habe trotzdem gelacht.

Smog

Gerade habe ich mir Gedanken gemacht. Über die Welt, die Zeit, die Menschheit, den Fortschritt.

Ja, der Fortschritt. Man mag ja sagen was man will, alles wird immer doller, alles wird immer schicker, alles wird immer dicker etc. Stimmt im Großen und Ganzen ja auch. Ist doof, das. Die Industrie macht sich überall breit, Landschaften verschwinden und/oder werden mit Solarparks, Kaufparks, Windparks, Wohnparks und ebendiese verbindende Autobahnen versiegelt und nachhaltig zugelärmt, damit sie ja nicht mehr erlebbar sind. Und jeder Haushalt hat ein Dutzend Autos. Wenn heutzutage neu gebaut wird, dann ist die überbaute Fläche je Auto mittlerweile größer als die für die im Gebäude wohnenden Menschen. Und zum Einkaufen fliegt man heutzutage mit dem Billigflieger nach New York oder Mailand. Oder von Leipzig nach Berlin. Und wenn man das nicht macht, dann bestellt man sich was im Internet. Die Straßen sind voll von Lieferwagen angefüllt mit Paketen, in welchen jeder sich seine Nagelfeile liefern lässt anstatt zum Laden an der Ecke zu gehen. Support your Kiez war gestern.

Schlimm, das.

Aber der Fortschritt hat doch auch sein Gutes: Obgleich die Anzahl der Autos stetig wächst, jeder immer mehr elektrische Gerätschaften besitzt, die zu allem Überfluss auch noch rund um die Uhr am Laufen sein müssen, es gibt immer weniger Lärm und immer weniger Dreck in der Luft. Die Autos werden immer leiser und stinken weniger. Die Industrieabgase werden gefiltert und der Müll nicht mehr einfach angezündet.

Vor nicht mal dreißig Jahren gab es stets im Winter einige Tage SMOG-Alarm, teilweise mit Schulfrei bis nach der Rush-Hour und der Maßgabe Fenster und Türen geschlossen zu halten und das Haus nur im äußersten Notfall zu verlassen, am Besten mit Gasmaske mit Aktivkohlefilter. Das gibt es heutzutage gar nicht mehr.

Jedenfalls nicht hier. Man bekommt hier die Vokabel SMOG nur noch aus den Nachrichten zu hören, wenn an exotischen Orten wie Peking oder Buenos Aires (hihi) die Luft dick wird wie Griesbrei.

Es geht alles besser. Wesentlich besser. Aber auch schlimmer.

Hatten wir schonmal.

Der eingeschlagene Weg ist in kleinen Teilen schon relativ mittelgut.

Feuertaufe

Alte Sitzmöbel. Sie finden sich in meinem Haushalt an unterschiedlichen Stellen. Ihre Funktion ist teilweise eingeschränkt, dennoch bleiben sie hier. Erst wenn nichts mehr geht werden sie entfernt.

Häufig hatte ich schon die handelsüblichen Schaukelstühle aus Sperrholz als Beute, die man gelegentlich auf dem Trottoir vorfindet, häufig mit der Klebenotiz „Zu verschenken“ behaftet. Meistens kann ich der Versuchung nicht widerstehen, schleppe das Möbelstück in meine Residenz mit der Absicht zu einem wunderlichen Märchenonkel zu mutieren, welcher im Schukelstuhl sitzend aus staubigen alten Schinken Uninteressantes rezitiert. Sobald ich aber dann meinen Leib nebst staubigem Schinken in den Schaukelstuhl gehievt habe bricht dieser zusammen und ich bin gefangen in seinen Trümmern. Begleitet vom Hohngelächter meiner Mischpoke befreie ich mich dann aus den Splittern und bringe gesenkten Hauptes die Reste der Möbel zum Sperrmüll, nicht ohne meine Blödheit und zudem vor Allem die Rücksichtslosigkeit der „edlen“ Spender wortreich zu verdammen, welche kaputte Schaukelstühle verschenken.

Doch auch hartnäckigere Möbel befinden sich in meinem Besitz. So habe ich einen ollen Hocker, welcher immer noch hier existiert, obschon ihm die Hälfte seiner Sitzfläche fehlt. Auch ist der kleine rote Kinderstuhl neben der Badewanne, bereits hoch betagt, nicht mehr ganz optimal in seinem optischen Eindruck; seine Sitzfläche ist infolge achtlos auf ihm abgelegter feuchter Handtücher gequollen und rissig geworden. Ich werde ihn aber dennoch behalten.

Todesurteile gegen Stühle habe ich gelegentlich aber ausgesprochen. Vollstreckt habe ich vor einigen Monaten eines gegen einen alten Korbstuhl, welcher auf meinem Balkon dahinvegetierte und dabei spröde und löchrig wurde. „Auf den Scheiterhaufen mit ihm!“, so dachte ich, und unter großem Bohei habe ich ihn im Kreise meiner Lieben und einer illustren Schar von Freunden und deren Familien in einer Feuerschale dem Feuer anheim gegeben. Er brannte lichterloh. Der Anblick war spektakulär. Seither wache ich mit Argusaugen über seinen Partner. Der jedoch ist noch immer über jeden Zweifel erhaben. Erlaube ich mir einfach mal ein Fehlurteil?

Ich denke ernsthaft darüber nach.

Appell

Drei Tage Sturmtief! Drei Tage Wetterwarnung! Drei Tage grässlichstes Sauwetter! Inklusive Lebensgefahr! Allerorten! Angst! Panik! Weltuntergang! Das Jüngste Gericht! Die apokalyptischen Reiter traben vor meinem Fenster auf und ab!

Ich muss vermutlich dennoch gleich vor die Tür. In die Zoohandlung. Wegen Hamsterkäufe.

Entschuldigung. Bot sich gerade an. Aber wenn ich aus dem Fenster sehe, stelle ich wahrhaftig eine der Tageszeit vollkommen unangemessene Finsternis fest, annähernd kohlpechrabenschwarze Nacht, finster wie im Bärenarsch! Und Blitze, einer schöner als der andere, zucken über’s verhangene Firmament während Regen und Hagel ohne Unterlass vom Himmel fallen, zeitweise von Böen in den waagerechten Flug versetzt. Mal sehen wann die ersten Bäume an meinem Fenster vorbeiwehen.

Aber das Ganze als Unwetter zu bezeichnen erscheint mir verwirrend, denn ist es nicht vielmehr ein Inbegriff von Wetter, was dort draußen stattfindet? Fühlbares Wetter in mannigfaltigsten Formen und Helligkeitsstufen? Eine gleichmäßig klimatisierte Wohnung beinhaltet vielleicht das, was man als Unwetter bezeichnen könnte, weil dort ja keinerlei Wetter herrscht. Transportables Unwetter hat man im ICE und im Kühlwagen.

Hiermit möchte ich vorschlagen, die Bezeichnung Unwetter in diesen Wetterlagen nicht mehr zu verwenden und möglicherweise Vollwetter zu sagen. Oder ähnliches. Denke da mal drüber nach, lieber Deutscher Wetterdienst!

Für andere gute Vorschläge bin ich immer offen.