Alle Türen offen

Damit ich, wie es mir auch stets notwendig erschien, jede Biegung im Lebensweg nehmen kann, habe ich mich schon früh dafür entschieden, mir alle möglichen Türen aufzustoßen und das Zuknallen von Türen tunlichst zu vermeiden. Am Liebsten mit geringstmöglichem Aufwand bei gleichzeitig größtmöglicher Ausbeute. In Sachen Bildung habe ich hier relativ mittelschwer viel erreicht.
Erstaunlicherweise habe ich mit dieser Taktik, welche mir viele Kurven und Abzweige ermöglichen sollte, einen ziemlich geraden Lebensweg hingelegt. Bislang jedenfalls. Aber darauf will ich gar nicht hinaus. Vielmehr treibt mich seit nunmehr etwa einer Dekade die Frage nach der Bedeutung meines höchsten Titels um. Vor ein paar Jahren nämlich erwarb ich ein Diplom. Zwar nur ein zweitklassiges FH-Diplom, aber jetzt bin ich doch immerhin das, was man Diplomingenieur nennt.
Aber was soll denn das eigentlich bedeuten, Diplom? Scheint das doppelte eines Monoploms zu sein. Ein Monoplom könnte man entsprechend auch als Plom bezeichnen. Aber was zum….?!!? Ich habe keine Ahnung, was ein Plom ist.
Nun heißt es zwar allgemein etwa so: „Dem Ingenieur ist nüscht zu schwör!“, was freilich auch komplett stimmt, ich kann ja auch alles, und das vollkommen perfekt, aber die Recherche nach der Herkunft und Bedeutung des doppelten Ploms ist mir doch offenbar viel zu popelig. Anstatt die Frage mithilfe des Internets zu beantworten oder zumindest den entsprechenden Versuch zu unternehmen frage ich mich lieber zehn Jahre und länger täglich dieselbe blöde Frage und vergeude kostbare kognitive Energie mit diesem Mumpitz anstatt Weisheit, Weltformel und Weltfrieden zu ersinnen.
Machen wahrscheinlich alle Universalgenies so.

Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Übertrieben von mir selbst überzeugt bin ich übrigens nicht.

Krude

Gerade habe ich mit meiner Schwester über blödsinnige Theorien gesprochen, die man so in seiner Kindheit entwickelt. Dabei kamen Erinnerungen hoch:
Seinerzeit habe ich meine Kleine Schwester einmal in Angst und Schrecken versetzt, indem ich ihr mit meinem universellen Halbwissen und meiner wirren kindlichen Gedankenwelt wissenschaftlich fundierte Zusammenhänge zwischen der Anziehungsraft von Himmelskörpern in Abhängigkeit zu deren Größe sowie der zu erwartenden Masseentwicklung der Erde hinsichtlich Verwesungsprozessen darlegte:
Vom Hörensagen wusste ich, dass Menschen, Tiere und Pflanzen, wenn verstorben, zu Erde werden. Genauso wie Kompost. Anhand des Komposthaufens im Garten meiner Eltern konnte ich das auch sehen: Kartoffelschalen, Kaffeefilter, Eierschalen, Rasenschnitt und allerlei anderes Zeug wurden da hingeschmissen und wie von Geisterhand konnte mein Vater dann irgendwann fertigen Kompostboden da hervorzaubern.
Weiter darüber nachdenkend stellte ich fest, dass ich in meiner Eigenschaft als junger Mensch wachsen und somit mehr Masse bis zu meinem Tode anhäufen würde. Und dies täte nicht nur ich, das täten alle Menschen, alle Tiere, alle Bäume und so weiter und so fort. Logischer Schluss aus dieser Tatsache ist ja ganz glasklar, dass die Erde somit wächst wenn ich und alle anderen zu Erde werden und das in einem Fort so weiter zu gehen pflegt. Mit dem Wachstum der Erde steigt dann aber auch deren Anziehungskraft.
Man hatte mit erklärt, dass die Anziehungskraft des Planeten Jupiter so dermaßen stark sei, dass ich, beträte ich diesen Planeten, umgehend flachgepresst werden würde durch mein eigenes Gewicht. Diese Gefahr sah ich nun also in der Zukunft auf jeden Organismus des Planeten Erde zukommen. Nun kam noch die schreckliche Vokabel „Überbevölkerung“ und „Bevölkerungszuwachs“ aus den Nachrichten dazu und mir schien, die Gefahr sei nun schon ziemlich nah. Diese Gedankenspiele teilte ich nun mit meiner kleinen Schwester, und die scheint den ganzen Quark bis heute in ihrem Kopfe bewahrt zu haben. Als diffuse Angst im Hintergrund.
Ich glaube, sie wird nicht jede Nacht von Albdrücken geplagt, welche sie wegen dieser Angst schweißgebadet und schreiend aufschrecken lassen.
Dennoch habe ich ein leicht schlechtes Gewissen.

Dörrobst

Wir werden alle verdorren! Die Strafe für unser sündiges Treiben! Hilfe!

Also zumindest unser aller Augen werden verdorren!

Wohl dem, der unter Tage arbeitet oder das Glück hat, in einem feuchten und schimmligen Folterkeller gefangen gehalten zu werden!

Dies ist es, was ich heute der Presse, dem Internet und dem Radio entnehme. Ungefähr die Hälfte der Deutschen dürfte heute erblinden, weil sie keine Spezialbrille haben gegen die Sonnenfinsternis. So war es ja auch schon 1999. Da gab es schon einmal eine Sonnenfinsternis und -Bums!- kaum neun Jahre später gab es dann auch die Weltwirtschaftskrise. Gibt es da einen Zusammenhang? Vermutlich sind die Leistungsträger der Gesellschaft infolge der letzten Sonnenfinsternis durch schlimme Augenverletzungen derart beeinträchtigt gewesen, dass die Wirtschaftswelt nach neun Jahren all ihre Reserven aufgezehrt hatte und zusammenbrach.

Die jetzige Sonnenfinsternis ist entsprechend, obschon nur partiell, wesentlich schlimmer für die Wirtschaft, weil noch keine neuen Reserven aufgebaut worden sind. Und dann noch die faulen Südeuropäer und die Stinkefingergriechen….

Schlimm.

Hilfe.

Mein Gott! Es werden wohl nur bucklig zu Boden blickende Nutzgartenbesitzer die kommenden Jahre überstehen! Nun denn, schnell noch ein Testament geschrieben, in Blindenschrift versteht sich, und die Kinder in den Kohlenkeller gesperrt, damit das Erbe noch jemanden erreicht, der es auch angucken kann.

Wir sehen uns.

Oder?

Puzzle

Vor ein paar Tagen habe ich eine frisch gefällte Robinie gefunden. Die Scheiben sahen aus wie Puzzleteile. Sehr hübsch, das. Als könnte man den toten Baum wieder zusammenbauen.

Hierbei musste ich an einen kleinen Film denken, den ich, ich war noch sehr sehr jung, im Fernsehen sah. Es war die Sendung mit der Maus, glaube ich, und da wurde das Fällen und Zerlegen eines Baumes gezeigt. Nachdem die Baumzerlegearbeiten vonstatten gegangen waren wurde der Baum wieder zusammengesetzt. Bis er wieder so dastand wie vorher. Jeder Schnitt wurde umgekehrt erneut durchgeführt und der Baum erwachte zu neuem Leben. Und ich war fest davon überzeugt, dass das wirklich geht! Ich glaubte, ich wäre Augenzeuge der Arbeit einer Dransäge geworden.

Es dauerte noch lange bis mir die manipulativen Fähigkeiten des Fernsehens bewusst wurden. Dass es überhaupt die Möglichkeit gibt, Dinge rückwärts zu zeigen, ich konnte mir das in meinen kühnsten Träumen nicht denken! Bis ich dies herausgefunden hatte ging ich immer davon aus, dass das Absägen eines Baumes reversibel sei. Ich war nur verwundert, dass niemand einen Baum wieder mit seiner Säge zusammenfügte während ich zusah.

Kleine Kinder sind doch tatsächlich sehr dumm.

Und es geht ihnen tatsächlich auch sehr gut damit.

Ausgemärzt

Weil wir gerade den Monat März haben, den ölften um genau zu sein, habe ich mich entschlossen meine albernen Texte noch einmal selbstkritisch und -verliebt querzulesen, mit dem Plan, hier und da die eine oder andere kleine, aber annähernd unmerkliche Verbesserung vorzunehmen. Unmerklich deshalb, weil ist ja schon fast perfekt. Und der März bot sich lediglich als Spielerei für die Überschrift an.

Nun ist es aber so, dass ich, obgleich ich vor Veröffentlichung immer schon einmal das Ergebnis argwöhnisch beäuge, dennoch den einen oder anderen kleinen Rechtschreibfehler mache. So kam es, dass ich just heute wieder ein wenig Fehlerausmerzing betreiben konnte.

Wenn Fehler sich Euch offenbaren, so grämet Euch nicht, leset darüber hinwech oder lasst es mich wissen, damit ich den Fehler tilgen kann zur allgemeinen Erbauung aller Rechtschreibfetischisten.

Verklappungslehre

Vor ein paar Tagen sah ich mich unweit meines Heimes mit diesem Anblick konfrontiert. In einer Stadt, in der man an den verschiedensten Orten seinen Sperrmüll kostenfrei verklappen kann (BSR), oder sogar seinen Sperrmüll abholen lassen kann (BSR) wird alles, was der Haushalt nicht mehr braucht einfach auf der Straße entsorgt, meistens mit dem freundlichen Hinweis „zu verschenken“ dran. Da steht gerne im strömenden Regen an der von Hunden meistbepissten Ecke tagelang ein zerschlissenes Polstermöbelungetüm zum Mitnehmen bereit. Das will doch aber keiner haben! Hundeuringetränktes, schimmelndes Schaumstoffzeugs! Denkt doch mal mit!

In diesem Falle haben die Verursacher zumindest eingesehen, dass das Möbelstück nichts mehr taugt. Sie haben sich Schablonen angefertigt und Schmähungen der Obrigkeit draufgeschrieben. Als politische Botschaft sozusagen. Relativ witzig, jedoch dumm. Denn merke: Wer das Ordnungsamt nicht haben will, der vermeide seine Notwendigkeit! Es ist ganz einfach: Ordnungsstreifen gegen wilde Sperrmülldeponien werden nicht als Taskforce aus dem Boden gestampft wenn es keine wilden Sperrmülldeponien gibt. Und wilde Sperrmülldeponien sind nicht nötig weil: siehe oben. Das Ordnungsamt zu verdammen indem man ihm vollkommen überflüssigerweise eine Legitimation erteilt ist hirnrissig.

Noch schlimmer als diese Witzkekse hier finde ich aber Leute, die sogar offensichtlich motorisiert sind. Die packen ihren Sperrmüll dann ins Auto, fahren in das nächste Naturschutzgebiet und werfen den Kram dort in den Busch. Sieht man sehr häufig. Das ist dann schon strafbare Blödheit. Sich juristisch relevant zu verhalten mit einem höheren Aufwand als die sinnvolle legale Variante. Wo soll das alles enden?

Eine wichtige Frage ist hierbei noch zu klären: Die Leute sitzen gerne da, wo es nicht stinkt, wo man sich keine Scherben in den Arsch piekt und wo man sich allgemein nicht fühlt wie auf einer Müllkippe. Dennoch verlassen die Leute oftmals die besuchten Orte wie eine Müllkippe. Warum? Häufig ist es einfach gedankenlose Ignoranz gepaart mit entsetzlicher Faulheit und dem Wissen, es kommt schon irgendein Trottel, der hinter mir aufräumt, damit ich morgen wieder alles vollmüllen kann. Das kostet aber alles Geld! Jeder motzt über irgendetwas, was die öffentliche Hand gefälligst zu tun hat, aber nie ist Geld dafür da. Aber jeder, der sein vollgerotztes Taschentuch fallen lässt anstatt es zur nächsten Straßenecke zu tragen und dort in den bereitstehenden Abfallbehälter zu werfen, der vergeudet Geld!

„Die Lehrer werden alle so schlecht bezahlt, deswegen ist mein Kind so doof!“ oder „Die Jugendeinrichtungen werden weggespart, deswegen ist die Jugend so doof!“ oder „Es gibt zu wenig Bibliotheken, darum bin ich so doof!“, oder „Man hat zu wenig Platz zum Atmen in der Stadt, wir wollen mehr Grünflächen haben, sonst werden wir alle doof!“, so hört man es von allen Ecken brüllen.

Nimm Deinen Müll mit und die Stadt kann sich eine Runde Wegfegen die Woche sparen. Pack die Exkremente Deines Hundes in die Mülleimer und die Stadt kann sich die Hundekackesaugautos sparen. Bring Deinen Sperrmüll zum Recyclinghof und die Stadt kann sich weite Teile des Ordnungsamtes sparen. Die eingesparten Mittel könnten theoretisch in die Behebung der offensichtlichen Misstände fließen. Das Geld liegt nicht auf der Straße, es liegt in Deiner Hand.

Nun mag man gerne noch einwerfen, dass das gesparte Geld doch vielmehr für blödsinnige Infrastrukturprojekte, sinnlose Flughäfen und überflüssige Barockschlösser ausgegeben wird anstatt für sinnvolle Dinge. Das ist sicher richtig und die nächste wichtige Baustelle. Aber anfangen kann man doch immer zunächst bei sich selbst. Dann kann man auch viel besser mit dem Finger auf die verschwenderische Kaste im Rathaus und im Bundestag deuten. Der Verschwender taugt nicht als moralische Instanz gegen Verschwendung.

Und Müll in die Gegend werfen und Botschaften draufschreiben wie auf dem Bild zu sehen, das ist etwa so sinnvoll wie Wale harpunieren und „Fuck Sea-Shepherd!“ auf die Kadaver zu tätowieren, oder Pandas erwürgen und „Leck mich, WWF!“ ins Fell zu rasieren. Nur etwas weniger brachial.

Macht keinen Sinn.

Kann man auch lassen.

Ich habe trotzdem gelacht.

Alleinstellungsmerkmal

Ich habe ja mal studiert. Und während des Studiums begab es sich, das eine Kommilitonin zu mir sagte, ich hätte ein krankes Verhältnis zu meinem Körper (vergl. Astralleib). Und das kam daher, dass ich ihr einen kleinen Schwank aus meim Lehm erzählte. Und zwar folgenden, welcher nichts krankes beinhaltet:

Seit ein  oder zwei Jahren Vater musste ich mich plötzlich mit ungewohntem Mobiliar herumschlagen. So zum Beispiel ein Potti (allgemein Töpfchen, wg. Sauberkeitserziehung). Dieser stand im Bad, welches unfassbar schmal war. Und direkt gegenüber vom Spiegel und dem Waschbecken befand sich die Heizung. An der Wand. So ein altertümliches Gerät mit so Metalllamellen (Geilomat. Drei L.). Der Potti stand im Bad neben der Heizung, ich wollte mir eine meiner seltenen Rasuren verpassen und hatte mir mein engelsgleiches, doch borstiges Antlitz bereits fachmännisch eingeschäumt. Auf dem Weg vor den Spiegel schlenzte ich lässig meinen Fuß seitwärts über den Potti und ZACK!, blieb ich mit dem Ballen unter dem großen Zeh an einer der Heizungslamellen hängen. Der Schmerz war enorm, doch ich war tapfer und hatte den perfekten Rasierschaum im Gesicht. Entsprechend nahm ich eine spontane Schonhaltung für den Fuß ein und hob den Zeh mitsamt Ballen leicht an, während ich mir das Barthaar abschabte. Und das tat ich gründlich.

Als die Arbeit getan war schaute ich mir dann den Huf mal an. Der Anblick war kontrastreich. Weiße Fliesen, dunkle Lache, weißer Fuß. Ich hatte mir den Ballen zur Hälfte geschält und aus der entsprechenden Wunde rann tiefdunkelrotes Blut. Und nicht wenig.

Was tun? Schnell Verband lieblos um die Haxe gewickelt und dann das Bad sauber machen. Doch ach, hatte ich nicht viel Energie aufgewendet um dieses schöne Blut zu schaffen? Einiges an Nahrung sowohl beschafft als auch verzehrt und zudem auch noch verdaut? Sollte ich diesen Teil meines Lebens einfach so wegwischen und fortspülen?

Aber was sonst?

Die Erleuchtung ließ nicht lange auf sich warten. Ich tunkte den Finger in mein Blut und schrieb eine Botschaft an die Fliesen:

I’ll be back!

Dann machte ich die Sauerei aber doch flugs weg, ich hatte Sorge, dass die Fugen wegen Hämoglobin verfärbt werden könnten, und das geht ja so schlecht wieder weg. Leider vergaß ich dabei, ein Foto zu machen.

Und jetzt mal Hand auf’s Herz: Wer hat schon einmal mit echtem Menschenblut Filmzitate an weiße Kachelwände geschrieben, ohne dafür jemandem Leid zuzufügen oder sich der Leichenfledderei schuldig zu machen?

Genau.

Nur ich.

Als einziger.

Allein.

Man huldige mir.

Gefälligst.