Kulturbeitrag

Wenn man, wie ich, seinen Urlaub gerne räumlich flexibel gestaltet, hierbei allerdings die kostspielige Nacht im Hotel scheut und lieber rustikal nächtigt, dann verschlägt es einen immer wieder mal auf einen Campingplatz. Gelegentlich findet man dann auch einen schönen solchen, den man gerne auch wiederholt aufsucht. Am vergangenen Wochenende habe ich einen Campingplatz zum wiederholten Male aufgesucht und habe ihn auch erneut für gut befunden. Mit den üblichen Abstrichen.
Campingplätze sind Orte, an denen unterschiedlichste Menschen aufeinandertreffen, dennoch sind Campingplatzbetreiber oft bemüht, mittels Kulturprogramm die Menschen zusätzlich an sich zu binden. Ein Bemühen, das häufig zum Scheitern verdammt ist, denn das angebotene Kulturprogramm ist gewöhnlich nicht imstande, die unterschiedlichen Bedürfnisse der unterschiedlichen Menschen zu befriedigen. Im Falle meines Besuchs auf dem Campingplatz spielte eine kleine Band auf, welche als Metallica-, Cream- und Nochirgendwas-Coverband angekündigt war. Ich zog es vor, der Darbietung nicht beizuwohnen sondern im Kreise der Mitreisenden Blödsinn redend und biertrinkend Karten- und Würfelspiele zu spielen.
Morgens hatte ich bereits eine geräuschvolle Darbietung genießen dürfen, die jeder Camper kennen dürfte: Sobald der Morgenkaffe im Leib die Peristaltik adäquat angeregt hat, strebt man dem bereits von unheilvollen Schwaden umwaberten Sanitätshaus zu. Öffnet man dann dort die Tür, so wird man empfangen von einem ohrenbetäubenden Darmwindkonzert.
Am besagten Morgen hatte ich schon das zweifelhafte Vergnügen, den einen oder anderen Musikanten Cream und Slime spielen zu hören. Entsprechend unnötig erschien mir der Besuch des Gastspiels der Cream-Coverband.

Wutbraü

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ich mich genötigt sah in Ermangelung alternativer Bierquellen in Südfrankreich die Früchte der elsässischen „Braukunst“ käuflich zu erwerben. Die Auswahl war immens. In französischen Supermarchés kann man unfassbar viele unterschiedliche Arten von sogenanntem Bier kaufen. Bloß schmecken tut es nicht so richtig gut. Aber sei’s drum. Spaß macht es auf jeden Fall dort Bier zu kaufen.

Zunächst ist man belustigt über die absurden Größen. Üblicherweise wird einem das Bier dort in Fläschchen angeboten, die man kaum leertrinken kann, weil sie in der Pranke versinken und vom Munde so schwer zu erreichen sind, winzig wie sie sind. Möchte man größere, so bekommt man Einliter-Glasflaschen, so wie die Einwegglasflaschen mit Fassbrause von Aldi früher. Oder gleich in 1,5-Liter-PET-Pullen. Schlimm. Gemeinsam haben all diese Flaschen den Schraubverschluss.

Die kleinen Flaschen bekommt man in unterschiedlichsten Gebindegrößen, angefangen bei vier Flaschen bis hin zu 30 (!).

Aber das lustigste an den Bieren sind zweifelsohne ihre Namen und deren Logos. Zum Piepen! Es wird versucht, die Biere möglichst deutsch zu benennen. Hierbei ist natürlich oftmals wichtig, das ganze mit den witzigen deutschen Umlautpünktchen zu versehen, und wie ginge das einfacher als mit dem im Namen unterzubringenden Terminus „Bräu“. So habe ich freudig erregt den Namen „Hopsenbräu“ lesen dürfen. Noch witziger jedoch ist die aufs Etikett gedruckte Unkenntnis der deutschen Sprache, wenn man die Umlautpünktchen auf den falschen Buchstaben setzt, wie in „Waldenbraü“.

Mein erklärter Liebling unter den französischen Bieren jedoch heißt zweifelsfrei „Zornbier“. Der Name allein schon klingt vielversprechend. Wie der gallische Zaubertrank, den Miraculix immer zusammenkocht. Lauert Gefahr, dann schnell ein Schluck Zornbier, in der eintretenden Rage kann man jeden Feind vernichten!

Merkwürdig am Zornbier ist jedoch das Logo. Das Wort „Zorn“ impliziert bei mir sogleich den wütenden Berserker, der alles zermalmt was ihm im Wege steht, nicht zu besänftigen, bis nur noch eine vollkommen verwüstete Endzeitlandschaft ihn umgibt. Doch was malt einem der Franzose unter den Schriftzug? Das genaue Gegenteil: Einen gütigen Hirten, umringt von seinen knuffigen Lämmlein.

Dieses Etikett ist ein König unter den Etiketten. Gott sei gepriesen, dass ich mir damals den Karton aufhob, welcher mich seit mehreren Jahrzehnten zuverlässig zu erheitern vermag. Bei meinen letzten Besuchen in Frankreich habe ich bedauerlicherweise das mittlerweile leicht verblasste Etikett nicht ersetzen können, weil ich dieses Bier nicht mehr fand. Sollte die Brauerei den Weg allen Irdischen gegangen sein, so starb mit ihr ein großer Name unter den schlechten Bieren.