Verstörend

Ich stelle fest, dass es auch besser gewählte Orte gibt, um eine Liebesbekundung niederzuschreiben als ausgerechnet direkt über dem Einwurfschlitz einer öffentlichen Mischmülltonne.

Oder ist es der Balzruf an die Adresse eines Einweglustobjektes?

Streitfall

Vor Kurzem habe ich im Wald zwischen Rheinsberg und Flecken Zechlin das zweifelhafte Vergnügen gehabt, von einer Waldstraße mit Tourette und Lese-Rechtschreibschwäche unflätig beschimpft worden zu sein.

Ich muss an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Wort, welches hier niederzuschreiben ich vermeide, das aber auf dem obigen Bild falsch herum geschrieben steht, unbedingt mit F zu schreiben ist!

Sieht sonst hanebüchen aus.

Meine Meinung.

Seemannsgruß

Vor einigen Tagen tauchte im Zwiegespräch gelegentlich die Vokabel „Ahoi“ auf. Hierbei wurde berichtet, dass es sich bei diesem Wort um ein tschechisches Grußwort handelt, welches man sowohl bei der Begrüßung als auch zum Abschied freundlich rufen kann.

Mir selbst jedoch ist das Wort „Ahoi“ eigentlich eher als nautischer Ruf geläufig. Angesichts der Tatsache, dass Tschechien in seiner Eigenschaft als Binnenland über keinerlei Küste verfügt stellt sich mir nun natürlich die Frage, wieso ein und dieselbe Vokabel an so derartig unterschiedlichen Orten verwendet wird. Ich habe, darüber nachsinnend, eine Theorie entwickelt:

Die Tschechen blicken auf eine lange Tradition der Braukunst zurück. Entsprechend kann man den Tschechen sicherlich auch nachsagen, dass sie dem Genuss des alkoholischen Hopfengetränkes eher nicht abgeneigt sind. Daraus schlussfolgernd nehme ich an, dass mit großer Wahrscheinlichkeit gelegentlich auch der eine oder andere Vollrausch vorgekommen sein wird.

Zudem entspringt in Tschechien die Elbe und wird dort auch bereits zu einem recht stattlichen Fluss. Auf diesem kann man gut mit dem Ruderboot zum Angeln rausfahren und dabei vortrefflich Bier in sich reinschütten. Geht man nun davon aus, dass hin und wieder mal ein tschechischer Bürger beim Fischfang in ein Alkoholdelirium gefallen ist und er infolgedessen ohne es zu merken sämtliche deutschen Landen auf der Elbe durchmaß und sich schlussendlich ausgenüchtert im nudeldicken Nebel auf der Nordsee wiederfand, so ist es wahrscheinlich, dass er, verwundert über die großen Wogen und das salzige Wasser, versucht haben wird, irgendwie die Aufmerksamkeit von irgendjemandem zu wecken. Und das geht ganz gut mit „Hallo“-Rufen, auf Tschechisch eben „Ahoi“.

Und weil sich dies vermutlich recht häufig genau so abgespielt haben wird ist der Ruf „Ahoi!“ seit langem ein allgegenwärtiges Geräusch auf der Nordsee, vergleichbar mit Möwengeschrei und Wellenrauschen.

Und so kam es, dass das tschechisch Grußwort Ahoi zu einem international anerkannten nautischen Begriff geworden ist.

Ich bin mir fast sicher, dass es sich genau so zugetragen hat.

Nein, eigentlich bin ich mir sogar todsicher.

 

Phantom

Mir mal wieder neue Latschen gekauft. War notwendig. Wegen Loch in der Sohle.

Aber nicht so, wie es bei Charlie Chaplin war, ein Loch  wegen Abnutzung, so ein Loch zum Finger durchschieben oder so, nein, meine Sohle ist gerissen oder gebrochen. Am rechten Fuß.

Das ist aber noch nicht der aufregende Fakt, den kundzutun ich hier an dieser Stelle mich bemüßigt fühle. Sondern dieser: Es ist innert kürzerer Zeit das zweite Paar Schuhwerk, welches mittels Sohlenriss am rechten Huf die Berechtigung verlor meine beiden unteren Extremitäten am unteren Ende zu verzieren. Meine Wanderklunzen begingen unlängst auf gleiche Weise Suizid.

Doch woher dieser ungewöhnliche Verschleiß? Habe ich abnorme Haxen? Ist meine Art der Bewegung nicht geeignet, Schuhe solange zu tragen, bis zumindest das Profil abgelatscht wird? Und das nur am rechten Beinende?

??

Ich weiß nicht so recht, wie ich damit umgehen kann/ darf/ soll. Ich glaube eigentlich, meinen Laufstil in den letzten Lebensjahrzehnten nicht großartig  verändert zu haben. Auch habe ich die Art der Schuhe, welche ich zu tragen pflege, nicht signifikant geändert, noch glaube ich, dass die Hersteller am rechten Schuh Sollbruchstellen in die Sohlen eingebaut haben. Ich habe auch sonst bislang von nur wenigen Menschen gehört, denen das in der letzten Zeit so oft passiert ist. Oder täusche ich mich? Mir jedenfalls sind früher noch nie die Sohlen gebrochen. Außer am Arbeitsschuh, aber da meistens spatenbedingt, und mit meinen Freizeitschuhen und auch am Berg arbeite ich eher ungern mit dem Spaten.

Jetzt jedenfalls habe ich wieder neue Schuhe und damit verbunden auch neue altbekannte Unannehmlichkeiten: Am Hacken des rechten Fußes trage ich seit drei Tagen eine Blase. Diese schmerzt und nervt. Ich trage mich mit der Idee, den rechten Fuß einfach unfachmännisch zu amputieren. Dann könnte ich die bereits eingetragenen Schuhe wieder nutzen und riskierte keine neuen Blasen mehr.

Aber, ach herrje, gerade winkt mir aus der Peripherie meines Geistes eine Vokabel zu und warnt vor übereiltem Handeln! Ich lege mal das Hackbeil beiseite und spähe genauer, welche Vokabel das wohl sei. Und siehe da, es ist diese:

Phantomschmerz.

Na dann eben nicht.

Fies

Ich wurde geschröpft. Von Parkplatzlagerern. Mit Lizenz.

Einer bösartigen Geschwulst gleich vermehren sich Schilder auf Supermarktparkplätzen, bei denen neuerdings das Einlegen der Parkscheibe eingefordert wird. Tut man dies nicht, so macht man sich eines Vertragsbruchs schuldig und muss soviel Geld berappen, wie man sonst zu zahlen hätte, wenn man in der Rettungsauffahrt des Krankenhauses parkt.

Die Firma, welche ihre Parkplatzlagerer am Parkplatz anlagert, kommt aus Düsseldorf oder so und heißt FairParken. Das gemahnt mich an die andere fiese Firma, die einem das Leben schwer macht, nämlich an Autobahnraststätten: SaniFair. Da muss man Geld bezahlen für die Verrichtung seiner Notdurft, und die namensgebende Fairness gebietet es da der Firma, einen Teil der Klokosten zu erstatten, wenn man den SaniFairBon an der Kasse als Geldmittel für unfassbar überteuertes Süßzeug oder überlagerte kalte Bockwurst oder miesen Kaffee einsetzt.

Nicht, dass man mich falsch versteht und mich der ADAC jetzt schnell mal als Pressesprecher einsetzt, damit ich wieder die alte und eklige „Milchkühe-der-Nation“-Tirade reanimiere, ich empfinde es durchaus als richtig und gut, wenn man Autofahrer zur Kasse bittet. Immerhin braucht der Autofahrer unfassbar viel Platz für fahren und parken, stinkt und lärmt und ist scheißgefährlich für sich und andere, und all dies vornehmlich für die eigene Bequemlichkeit.

Mir ist aufgefallen, dass das Wörtchen „Fair“ irgendwie in den letzten Jahren einen dramatischen Bedeutungswandel erfahren hat. Fairness scheint jetzt vom Altruismus entkoppelt worden zu sein und dafür künftig mit zu erwartendem Profit verknüpft. Das wirft Frage auf zum Sport: Wie war das gleich mit FairPlay? Könnte man da nicht auch eine Art Firma aufmachen? Beziehungsweise, müssten nicht künftig FairPlay praktizierende Spieler künftig zusätzlich entlohnt werden? Ist man dann ganz besonders fair, wenn man besonders viel Geld eingeheimst hat? Macht das eventuell die am Pranger stehenden Fifa-Funktionäre zu besonders fairen Leuten? Hat womöglich gar die Fifa den ungeheuren Bedeutungswandel der Fairness selbst gewinnbringend eingeläutet? Verdient vielleicht Kaiser Franz Beckenbauer an den beschriebenen Firmen mit? Um andere faire Funktionäre mit fair verdientem Geld zu fairen Entscheidungen zu bringen?

Fragen über Fragen.

Ach.

Ich werde dann mal meinen Deckel begleichen, der aufgrund des unfairen Vertragsbruches auf mich zugekommen ist. Mehr raschelnd als klimpernd.

 

Wörtlich

Erstaunlich wörtlich umgesetzt hat hier die Berliner Samenbank ihr architektonisches Erscheinungsbild. Verblüffend unschmierig hingegen mutet die Samenbank an.

Dresche

Wo bislang noch ungedroschen Korn herumsteht wird der Mähdrescher in Bälde angeworfen.
Denkt man an die noch vor 100 Jahren üblichen Erntemethoden, so fallen einem eine Menge schöne Vokabeln ein, welche jetzt zunehmend in Vergessenheit geraten, eigentlich nur noch in Volksliedern und Redewendungen weiterleben. Ich meine Worte wie Dreschflegel, Garben, dengeln, Spreu etc.
Bei der modernen Ernte wird im Bauche des mähenden Mähdreschern mit der zeitgleichen Trennung der Spreu vom Korn unter Aufbringung größter Mengen an Staub und Lärm, obendrein in extrem langen Arbeitsschichten, teilweise den ganzen Tag und die ganze Nacht am Stück, alles auf einmal erledigt. Kein Knecht dengelt die Sense zum weiteren Mähen auf dem Felde, keine Magd bindet die güldenen Garben, kein Dreschflegel wird mehr geschwungen, kein gedroschenes Korn mit dem Sieb in den Wind hinaufgeworfen um die Spreu hinfortwehen zu lassen. All dies gibt es hierzulande nur noch in folkloristischer Zurschaustellung altertümlich anmutender Gepflogenheiten.
Aber wenn man sich die weitläufigen Getreidemonokulturen einmal anschaut, ich glaube kaum jemand wäre gewillt, sich dieser Flächen mit der Sense anzunehmen, geschweige denn das ganze Getreide anschließend mit dem Dreschflegel zu verhauen.

Feldwirtschaft

Verwundert stolpere ich gelegentlich über verwirrende Worte. So fiel mir unlängst das Wort „Gottesacker“ auf. Warum Gottesacker? Wie soll ich mir denn da die Ernte vorstellen? Und ist das Bewirtschaften eines Gottesackers denn nicht Blasphemie, dieweil es ja nur den einen Gott gibt, bzw. geben darf? Wieso sollte den denn dann einer vermehren wollen und sollen? Und wie sieht denn da das Saatgut aus?

Letztere Frage lässt sich relativ leicht beantworten, wenn man sich die den Gottesacker beackernden Bauern und deren Tätigkeit genauer ansieht. Ihr Saatgut wird meist in großen Holzkisten geliefert und ist oftmals tatsächlich ziemlich keimig. Manchmal jedoch wird das Saatgut auch in kleineren Gefäßen gebracht, dann allerdings ist es meistens bis zur totalen Keimfreiheit erhitzt worden. Dennoch wird es ausgebracht.

Über jedes einzelne Stück Saatgut, welches ca. sechs Fuß tief vergraben wird (meines Erachtens viel zu tief um Erträge erwarten zu können), wird unvernünftigerweise meistens ein Stein gestellt. Damit wird es noch schwieriger für das erwartete Nutzgewächs.

Es gibt offenbar keine optimale Jahreszeit zur Aussaat, das Saatgut wird zu jeder Jahreszeit, gar bei tiefem Frost unter großen Mühen und großer Anteilnahme ausgebracht. Wirre Rituale in eigens dafür errichteten Gebäuden gehen der eigentlichen Aussaat voraus. Auch geschieht das Ausbringen nicht systematisch. Vielmehr wirkt die Standortwahl für die nächste Pflanzbemühung fast willkürlich, ja das Saatgut selbst und genetisch verwandtes Material legen den Standort fest. Oft geschieht es auch, dass das genetisch annähernd gleiche Material entgegen jeder gärtnerischen Vernunft an ein und demselben Platz in die Erde gebracht wird, auch wenn, wie bislang immer, der Ertrag zur Gänze ausblieb.

Erntemaschinen gibt es nicht. Für die Aussaat wird teilweise schweres Gerät zum Einsatz gebracht, die Ernte aber scheint auf dem herkömmlichen Gottesacker nicht erwartet zu werden. Vermutlich weil bis heute niemand weiß, wie ein reifer Gott aussieht und wie er zu ernten wäre. Ist es ein Götzenbild? Und wenn ja, in welcher Größe und aus welchem Material? Ist es ein lebend Wesen? Dann könnte und dürfte man ja nicht mit brachialer mechanischer Gewalt  zu Werke gehen. Die Ernte könnte beschädigt werden.

Doch sollte es dereinst tatsächlich einem Ertragsbauern im Götteranbau gelingen, einen erntereifen Gott anzubauen, was dann? Wo sind die Abnehmer? Wer sind die Abnehmer? Atheisten? Und wenn die dann die neuen Götter ankaufen, sind sie dann weiterhin Atheisten? Und was tun die mit der Ware? Verarbeiten? Und wie?

Fragen über Fragen über Fragen Über Fragen.

Der Mensch ist schon ein komisch Wesen.