
Trübe
So wird dat nix mit dem Braunkohleausstieg, lieber Wettergott.
So wird dat nix mit dem Braunkohleausstieg, lieber Wettergott.
Allerlei Leute versuchen mir mein kommendes langes Wochenende madig zu machen indem sie behaupten, das Wetter würde nicht in meinem Sinne mitspielen wollen! Frechheit, das.
Ich habe das Ganze einfach mal überprüft, indem ich Wetterbericht anschaute und Wetterseiten im Internet besuchte. Erschütternderweise scheinen auch die mir mein verdientes langes Badewochenende nicht zu gönnen.
Aber ich lasse mich davon nicht beeindrucken. Ich sehe das gar nicht ein. Ich werde keinerlei Heizkörper reanimieren. Ich werde keine Schuhe tragen. Ich werde gemütlich am See rumhängen mit einem kalten Bier in der Pranke und den nackigen Füßen im Wasser. Ich werde warmes brandenburgisches Kiefernharz riechen. Könnt Ihr mich alle mal kennenlernen. Könnt Ihr Euch auf den Kopf stellen! Das kalte Kackwetter darf meinethalben die komplette kommende Woche ab Dienstag stattfinden, schließlich muss man ja auch an die Wälder denken, welche sich sonst eventuell noch ein Beispiel nehmen an den inakzeptablen Waldverhaltensweisen in Kanada derzeit (fürchterlich feuriges Temperament), die brauchen Wasser.Von mir aus auch noch ab sofort bis morgen nachmittag.
Aber muss das jetzt sein ?!
Du lieber Himmel: Nein !!
Eisheilige hin oder her, die Kleidungsmenge für meine Brandenburgtour wird sehr überschaubar ausfallen.
Mein Trotz wird mir helfen.
Werdet Ihr sehen.
Eigentlich sollte ich heute ein kleines Kettensägenmassaker im Garten meiner Eltern veranstalten, zu Ungunsten eines sperrigen Wachholderstrauches. Doch werde ich ihn überhaupt finden? Gefrorene Wolken fallen seit der Nacht in kleinen Puzzleteilen vom Himmel und versuchen offenbar den Strauch zu verstecken, um sein armseliges Leben zu schützen.
Doch hält mich dies ab von meinem grausigen Plan?
Wir werden sehen….
Dieses ist meine Lilie. Vom Balkon. So sah sie im letzten Jahr aus. Dieses Jahr hat ein sommerlicher Gewittersturm sie brutal dahingerafft. Kurz bevor sie all ihre Pracht entfalten konnte hat eine jähe Böh sie fies zerstört, sie brach meine Lilie in ihrer Mitte entzwei.
Doch immerhin fand ich sie am Morgen, zwar wild zerzaust und grausam verstümmelt, noch vor der Haustür liegend vor, verbrachte sie im Auto zu meiner Arbeitsstelle und übergab sie dortselbst meiner Kollegin, ihreszeichens ursprünglich zur Floristin ausgebildet, auf dass sie der Blume noch im Tode Anmut schenke. Was sie tat.
Nun steht der Kadaver meiner Lilie im schmucklosen Großraumbüro auf dem zentralen Tisch und erfreut unser aller Augen.
Ach…
Wettergott will ich nicht sein.
Wer mit Kritik nicht umgehen kann, der werde niemals, und ich wiederhole: NIEMALS! Wettergott. Zum Glück gibt es nicht so unendlich viele Stellen als Wettergott zu besetzen, auch habe ich den Beruf des Wettergottes bislang noch nirgendwo als Ausbildungsberuf oder Studienabschluss gefunden. Entsprechend werden Wettergötter auch eher rar sein und die Dichte der dünnhäutigen Wettergötter entsprechend.
Das ist gut.
Warum?
Man stelle sich vor, man ist Müllmann. Da gibt es eigentlich nur dann schlechte Laune allerorten, wenn man seine Arbeit einstellt. Dann fängt es nämlich an zu stinken. Macht man aber seine Arbeit, dann sind die Leute froh weil der Müll weg ist.
Macht man hingegen als Wettergott seinen Job, dann gibt es Wetter. Und es ist völlig egal, was für Wetter man als Wettergott macht, es gibt IMMER einen Haufen Leute, die was zu meckern haben. Scheint die Sonne wird gemault weil alles so trocken ist und so heiß und die Pollen usw. usf.! Regnet es wird geschimpft weil alles nass und modderig und eklig ist. Hört es dann wieder auf zu regnen, dann war es wieder nicht genug. Regnet es weiter, dann bekommt man Depressionen wegen zu wenig Licht und was das denn überhaupt soll mit dem Regen und ÄÄÄH und BÄÄÄH. Steigt die Temperatur ist es zu heiß. Ist es aber nur zwanzig Grad warm ist es zu kalt. Ist es im November zwanzig Grad warm ist da auch falsch weil es soll ja Schnee liegen. Liegt dann Schnee, dann ist es zu glatt. Taut der Schnee dann wieder ist das auch Scheiße weil man dann so schlecht Schlitten fahren kann. Und überhaupt!
Zu heiß.
Zu trocken.
Zu nass.
Zu kalt.
Zu windig.
Zu schwül.
Zu dies und zu das.
Bei meiner derzeitigen Arbeit habe ich es mit Leuten zu tun, die im Finden von Ausreden warum sie denn gerade nichts machen können meisterhaft kreativ sind. Und die schieben in vielen Fällen das Wetter vor. Es ist erstaunlich, wie viele Leute da wetterfühlig sind! Man hat gelegentlich den Eindruck, die Leute seien betrübt darüber, dass sie keine Kriegsverletzungen haben, welche ziehen und schmerzen könnten bei sich ankündigendem Wetterwechsel.
Das allgemeine unzufriedene Gemurre über das Wetter ist meistens auf größere Gruppen verteilt, will sagen viele Leute sind zumindest temporär mit dem Wetter im Reinen. Die finden wenigstens die Hälfte der möglichen Witterungen gut. Nicht so bei meinem Klientel. Ich bin vielfach erstaunt darüber, dass die Leute, denen es im Winter zu kalt und zu feucht war mir bei Sonnenschein eröffnen, dass sie Hitze und Sonnenschein nicht vertragen und die Pollenbelastung ihnen zu schaffen macht, nur um mich bei der derzeitigen Wetterlage darüber aufzuklären, dass sie von Regengebieten Kopfschmerzen bekommen. Übermorgen hört der Regen auf. Dann zieht vermutlich das Knie und die Haut wird wegen mangelnder Flüssigkeitszufuhr von außen rissig. Und wenn Wolken sind, dann kann man wegen akuter Finsternis nix sehen und wenn die Wolken verschwinden verdunsten die Augen und wenn es windig ist hört man nichts und dies und jenes und vor allem auch noch das!
Schlimm.
Zu heiß.
Zu trocken.
Zu nass.
Zu kalt.
Zu windig.
Zu schwül.
Zu dies und zu das.
Wettergott will ich nicht sein.
Ums Verrecken nicht!