Rehgenschauer

Man stelle sich das Folgende vor:

Ein irrer Wissenschaftler, so einer in einer schwarzen Burgruine mit Orgel im Turm und stetigem Gewitter in der zerklüfteten bergigen Umgebung, kommt auf mich zu und bietet mir seine Dienste an, mit der Frage, was er für mich tun könnte. Spontan fiele mir bestimmt nichts anderes ein, als dass er mich mittels Genmanipulation dahingehend umgestalten könnte, dass mir und meinen Nachkommen in Zukunft alljährlich ein prächtiges beinernes Gestänge, gleich dem des Rehbocks, aus der Stirn wüchse.

Stellen wir uns ferner vor, dem Wissenschaftler gelänge dies. Mein Äußeres wäre dann grotesk verändert. Zweifelsohne schüttelte es verschiedene Menschen, die meiner ansichtig würden, vor Grusel. Diese durch das Geweih hervorgerufene körperliche Reaktion wäre doch sehr treffend mit nur einer einzigen Vokabel zu beschreiben, nämlich:

Reh-Gen-Schauer.

Oder?

Temperatursturz

Allerlei Leute versuchen mir mein kommendes langes Wochenende madig zu machen indem sie behaupten, das Wetter würde nicht in meinem Sinne mitspielen wollen! Frechheit, das.

Ich habe das Ganze einfach mal überprüft, indem ich Wetterbericht anschaute und Wetterseiten im Internet besuchte. Erschütternderweise scheinen auch die mir mein verdientes langes Badewochenende nicht zu gönnen.

Aber ich lasse mich davon nicht beeindrucken. Ich sehe das gar nicht ein. Ich werde keinerlei Heizkörper reanimieren. Ich werde keine Schuhe tragen. Ich werde gemütlich am See rumhängen mit einem kalten Bier in der Pranke und den nackigen Füßen im Wasser. Ich werde warmes brandenburgisches Kiefernharz riechen. Könnt Ihr mich alle mal kennenlernen. Könnt Ihr Euch auf den Kopf stellen! Das kalte Kackwetter darf meinethalben die komplette kommende Woche ab Dienstag stattfinden, schließlich muss man ja auch an die Wälder denken, welche sich sonst eventuell noch ein Beispiel nehmen an den inakzeptablen Waldverhaltensweisen in Kanada derzeit (fürchterlich feuriges Temperament), die brauchen Wasser.Von mir aus auch noch ab sofort bis morgen nachmittag.

Aber muss das jetzt sein ?!

Du lieber Himmel: Nein !!

Eisheilige hin oder her, die Kleidungsmenge für meine Brandenburgtour wird sehr überschaubar ausfallen.

Mein Trotz wird mir helfen.

Werdet Ihr sehen.

Blutdurst

Diesen Holzpflockstapel habe ich gefunden.

An der Nordsee.

Und noch weitere.

Und bekam  Angst.

Offenkundig geht man an der deutschen Nordseeküste nahe dem Eidersperrwerk von einer bevorstehenden Vampirinvasion aus. Anders ist das massenhafte Horten von angespitzten Holzpflöcken wohl nicht zu erklären.

Kritiker mit Bücherwissen über Vampire und die Möglichkeiten der Vernichtung derselben mögen nun einwenden, dass es sich doch bei den gefundenen Pflöcken keineswegs um Eichen- sondern vielmehr um Nadelholzpflöcke handelt. Nun, da haben sie sicherlich recht, auch ich habe da kurz dran gedacht, anschließend jedoch ein paar logische Schlussfolgerungen angestellt, welche eindeutig belegen, dass man nicht davon ausgehen darf, dass Vampire ausschließlich mit Eichenholzpflöcken erlegt werden können. Welcher Art diese Schlussfolgerungen sind? Merket auf:

Der Vampir wird allgemein als eloquent, elegant, kultiviert und anpassungsfähig beschrieben. Neben seinen bösartigen und blutrünstigen Eigenschaften, versteht sich. Dennoch kann man ihm, anders als beispielsweise einem Zombie, durchaus ein gewisses Maß an Intelligenz nicht absprechen. Wenn nun also der Vampir gewissermaßen nur durch Eichenholzpflöcke und Weihwasser aus katholischen Taufbecken vernichtet werden kann, dann stellt sich doch sofort die Frage, warum er dann so gern in Mittel- und Osteuropa heimisch sein soll, wo doch hier überall große Eichenwälder um Unmengen von katholischen Gotteshäusern herumstehen?

Normalerweise hätte schon vor langer, langer Zeit ein großer Vampirexodus stattfinden müssen in Gebiete mit weniger Katholizismus und ohne Eichen. Der Orient stellt hier ein ganz gutes Zielgebiet dar. Aber ach, da scheint die Sonne immer so viel, und auch die ist doch für den Ottonormalvampir ungünstig. Aber auch Nordskandinavien wäre vorstellbar, mit seinen  ausgedehnten Nadelwäldern, oder die Tundra oder die Mongolei mit ihren Wiesen. Oder Nepal. Oder Grönland oder Feuerland oder das peruanische Hochland oder oder oder.

Doch Leben Vampire dieser bestechenden Logik folgend dort? Mitnichten! Irgendwie gibt es immer nur Geschichten von Blutsaugern im Eichenwald.

Entsprechend gehe ich davon aus, dass die Bücher nicht die ganze Wahrheit über den Vampirismus sagen. Eine gezielte Fehlinformation? Vielleicht.

Der Argumentation folgend könnte man auch die Frage nach der Gefährlichkeit von Kruzifixen und Weihwasser stellen.

Vielleicht sind Eichenpflöcke, Knoblauch und Weihwasser ja auch überhaupt gar nicht gefährlich für Vampire? Vielleicht haben ja die, wie eingangs schon erwähnt, intelligenten Vampire diese Märchen nur gestreut, um bedrohungsfrei ihrem finsteren Treiben nachgehen zu können? Möglicherweise gar sind all die beschriebenen Dinge sogar dazu geeignet, Vampiren zu mehr Macht zu verhelfen?

Denket einmal darüber nach.

Wenn ich recht habe, wem würden denn die falschen Informationen helfen? Doch eigentlich nur dem Papst und Händlern von Jungeichen.

Schauder….

Ich werde mich jedenfalls in Zukunft gerne in der Nähe eines Stapels angespitzter Fichten aufhalten.

Nur so zur Sicherheit.

Der böse Blick

Wer den Jugend-Wald-Horror-Slasher-Film der 70er und 80er kennt und schätzt, der kennt und schätzt auch den damaligen Spannungsgruselaufbau, welcher oftmals einherging mit Lagerfeuer und Dunkelheit. Wenn dann die Jugend ums Feuer herumsaß, dann wurden gruselige Geschichten erzählt. Der jeweilige Gruselgeschichtenerzähler unterstrich die Gruseligkeit der Geschichte durch einen simplen Trick, er verfremdete sein Gesicht zu einer unheimlichen Maske, indem er sich eine Kerze oder Taschenlampe unter das Gesicht hielt und so eine eher unübliche Fratze hervorrief. Das war dann unheimlich. Doch das war früher.
Heute ist das anders. In den nächsten Wochen und Monaten wird das wieder zu beobachten sein, denn die dunkle Jahreszeit beginnt. Schon nachmittags wird es diffus düster, das Licht der Sonne bescheint unser aller Antlitze nur während der Arbeit, und das auch nur, wenn wir so schlau waren, einen Beruf zu ergreifen, welcher uns den Aufenthalt im Freien erlaubt oder vorschreibt. Zu den Wegezeiten werden wir uns wieder verstärkt durch die Finsternis bewegen, und dies inmitten der sich zeitgleich zum gleichen Zwecke bewegenden Menschenmassen. Und etliche dieser Mitmenschen beleuchten sich hierbei ununterbrochen die Gesichter von unten, ohne jedoch dabei eine Gruselgeschichte zu erzählen, ja, sie wirken auch gar nicht gruselig, vielmehr schon vollkommen normal. Absurd und unheimlich sind beinahe schon unbeleuchtete Gesichter ohne Handydisplaygeleuchte von unten.
Ich frage mich, ob es am Lagerfeuer noch irgendwo auf dem Planeten Menschen gibt, die sich die Gesichter von unten beleuchten um gruseliger zu wirken. Höchstens aus traditionellen Gründen, nehme ich an. Um einen Gruseleffekt durch Gesichtsbeleuchtung zu erzielen werden die Menschen künftig wohl auf den abenteuerlichen Effekt des von oben beleuchteten Gesichtes zurückgreifen müssen. Denn wo gibt es den denn noch? Durch die permanent über Handy, Tablet und Laptop gebeugten Gesichter trifft doch bei den meisten Menschen nicht mal mehr im Sommer ein natürlicher Lichtstrahl die Stirn. Auch in Räumlichkeiten wird die an der Decke angebrachte Lampe vermutlich nur noch das Hinterhaupt bestrahlen.
Bald ist wieder Helloween. Meine neueste Geschäftsidee sieht vor, mir einen Haufen Mützen zu kaufen und an diesen LED-Leuchten anzubringen, welche die Gesichter von oben beleuchten. Damit werde ich unermesslich reich werden, jedoch muss ich mich noch rechtlich beraten lassen, ob die zu erwartenden tödlichen Herzattacken derer, welche mit dem unerträglichen „Süßes oder Saures“-Ruf aus den grässlich abnorm erleuchteten Fratzen konfrontiert werden, mir zur Last gelegt werden können. Aber die Zeit rennt. Kennt jemand einen Expressanwalt, der dies Frage binnen einer Woche zu beantworten imstande ist?
Bitte?

Eigentor?

Vermutlich habe ich mir mit dem vorhin verfassten Beitrag „Contrazession“ ein Ei gelegt.
Und zwar dahingehend, dass, wenn ich viele Leute mit meinem Appell erreicht haben sollte, die Wälder in und um Berlin künftig vollgestopft sein werden mit den Menschen, die den Wald bis jetzt angstbedingt mieden. Entsprechend werde ich möglicherweise künftig nur im dann leergefegten Moloch der Großstadt die ersehnte Ruhe finden, welche mir bis jetzt der Wald bot. Paradox.
Andererseits hat sich die Menschheit zu großen Teilen ja als unbelehrbar erwiesen, weshalb die Gefahr, dass der Pöbel nun in großen Scharen den Wald verheert, eher als gering einzustufen ist. Wahrscheinlicher ist, dass das Volk eher weiterhin aus der Sicherheit ihrer zivilisierten Betonwüsten argwöhnisch ins ekelhafte Wilde lugt.
Ist dies denn nun erfreulich?
Bin mir nicht so ganz sicher.
Am Besten gehe ich nochmal schnell in den Wald und denke in Ruhe darüber nach.

P.S.: Wer nicht weiß was ich meinte, der lese hier:
https://thynnephph.wordpress.com/2015/05/10/contrazession/