Gelenkig

Es geschehen noch Zeichen und Wunder!

Weil ein neues Jahr begonnen hat, gab ich mir selbst das Versprechen, meinem Leibeswohl ein wenig auf die Sprünge zu helfen mittels Bewegung. Heißt: Angesichts der Tatsache, dass ich ja aufgrund meiner Lohnerwerbsbiographie nicht mehr arbeitend auf dem Bau Sport treibe, möchte ich dies jetzt in meiner Freizeit ein wenig häufiger tun, um dem Zuwachs an Körpervolumen entgegenzuwirken.

Nicht geneigt bin ich, der Industrie der Fitnessstudios ins Netz zu gehen. Auch werde ich mich nicht an Yoga versuchen, das erscheint mir mit dem hippieartigen Glaubenshintergrund und dem Gesinge auch nicht meins zu sein, wobei ich das nicht ehrlich sagen kann, ich habe mich noch nicht intensiv damit befasst. Aus einem Fitnessstudio entsetzt rausrennen wegen Ätzaerobicmusik und widerlichen Muskelpumpern mit Deutschlandtattoos, das widerum hatte ich schon. Kann man aber vermutlich auch nicht verallgemeinern.

Meine körperliche Ertüchtigung betreibe ich jedenfalls lieber allein, ganz ohne Publikum. Da mache ich dann irgendwelche dusseligen Übungen, die man nicht unbedingt beäugen muss, wenn sie so unbeholfen durchgeführt werden wie ich das zu tun pflege.

Vorhin habe ich aber feststellen müssen, dass mein Leib nun, nach 1,5 Wochen Leibesertüchtigung, mittlerweile biegsamer ist als zu Zeiten meiner Volljährigkeit! Dies vermag ich so genau zu sagen, weil ich mich an meine Musterung erinnere. Dort verlangten die Herren Musterungsschergen nämlich nicht nur, das Skrotum zu betatschen, nein,  sie wollten noch allerhand andere unwürdige Sachen. Zum Beispiel verlangten sie von mir, mit durchgedrückten Knien stehend eine Zusammenführung von Zehen- und Fingerspitzen. Konnte ich nicht. Ich bin mit den Fingerspitzen etwa auf Kniehöhe verreckt. Hat mir aber keiner geglaubt, weshalb ich das noch ein paar Male zu wiederholen hatte, während mir ein Feldmediziner das Rückgrat abtastete und nuschelnd Kryptisches in Richtung Protokollant murmelte.  Ich glaubte ein oder zwei Mal das Wort „Buckel“ zu vernehmen. Schlussendlich stellten die Leute fest, dass ich aufgrund meiner körperlichen Unbeholfenheit nicht als Kanonenfutter (Pionier) einsetzbar sei und man musterte mich auf Tauglichkeitsstufe 2.

Dabei hätte ich mich an diesem Tage auch ohne weiteres ausmustern lassen können, wegen akuter Taubheit. Aber da war ich nicht geistesgegenwärtig genug für. Beim Hörtest nämlich habe ich zeitweise total versagt. Und das obschon ich hören kann wie ein Luchs. Kurz vor der Musterung hatte ich schon einmal einen Hörtest absolviert, bei dem man sagen sollte, wann denn das piepende Geräusch im Kopfhörer erklänge und auf welcher Seite des Kopfes. Gleiches erwartete ich bei der Musterung auch. Ich setzte mir entsprechend die Kopfhörer auf und lauschte gespannt, doch erklang keinerlei Piepton. Vielmehr störte mich ein offenbar großes und schweres Militärfahrzeug auf dem Außengelände des Kreiswehrersatzamtes in meiner Konzentration, indem es da laut herumbrummte. Die Mustermänner beäugten mich zunehmend argwöhnisch, mir trat der Schweiß auf die Stirn, doch hörte ich kein Piepen sondern nur dieses bekackte, immer lauter werdende Scheißpanzerfahrzeug, zunehmend tat mir das Gebrumme in den Ohren weh! Und dann….BATZ!- fiel es mir wie Brocken aus der Nase: Das Panzerfahrzeug existierte gar nicht, der Brummton sollte erkannt werden, daher schauten die mich alle so entsetzt an. Mensch, da soll mal einer drauf kommen. Haben sich vermutlich schon gefragt, wie ich denn überhaupt die Anweisungen zum Betreten des Raumes habe verstehen können.

Blöd wie ich nunmal war habe ich natürlich das Missverständnis aufgeklärt und mich nicht auf Taubheit herausgeredet. Nichtmal eine saftige Klage wegen Körperverletzung für den beinahe entstandenen Tinnitus habe ich der Bundeswehr angeboten.

Aber jetzt bin ich irgendwie abgeschweift. Ich wollte doch eigentlich nur kundtun, dass ich unlängst beinahe vor Schreck verstorben wäre, weil ich plötzlich erstmals in meinem Leben bei ausgestreckten Beinen mit den Fingerspitzen meine Zehen berühren konnte. Und das nicht weil man mir die Füße amputiert hätte.

Ist es nicht schön? Einem jungen Rehlein gleich vermag ich meinen Körper zu verbiegen.

Hach….

Aua

 

 

Blutdurst

Diesen Holzpflockstapel habe ich gefunden.

An der Nordsee.

Und noch weitere.

Und bekam  Angst.

Offenkundig geht man an der deutschen Nordseeküste nahe dem Eidersperrwerk von einer bevorstehenden Vampirinvasion aus. Anders ist das massenhafte Horten von angespitzten Holzpflöcken wohl nicht zu erklären.

Kritiker mit Bücherwissen über Vampire und die Möglichkeiten der Vernichtung derselben mögen nun einwenden, dass es sich doch bei den gefundenen Pflöcken keineswegs um Eichen- sondern vielmehr um Nadelholzpflöcke handelt. Nun, da haben sie sicherlich recht, auch ich habe da kurz dran gedacht, anschließend jedoch ein paar logische Schlussfolgerungen angestellt, welche eindeutig belegen, dass man nicht davon ausgehen darf, dass Vampire ausschließlich mit Eichenholzpflöcken erlegt werden können. Welcher Art diese Schlussfolgerungen sind? Merket auf:

Der Vampir wird allgemein als eloquent, elegant, kultiviert und anpassungsfähig beschrieben. Neben seinen bösartigen und blutrünstigen Eigenschaften, versteht sich. Dennoch kann man ihm, anders als beispielsweise einem Zombie, durchaus ein gewisses Maß an Intelligenz nicht absprechen. Wenn nun also der Vampir gewissermaßen nur durch Eichenholzpflöcke und Weihwasser aus katholischen Taufbecken vernichtet werden kann, dann stellt sich doch sofort die Frage, warum er dann so gern in Mittel- und Osteuropa heimisch sein soll, wo doch hier überall große Eichenwälder um Unmengen von katholischen Gotteshäusern herumstehen?

Normalerweise hätte schon vor langer, langer Zeit ein großer Vampirexodus stattfinden müssen in Gebiete mit weniger Katholizismus und ohne Eichen. Der Orient stellt hier ein ganz gutes Zielgebiet dar. Aber ach, da scheint die Sonne immer so viel, und auch die ist doch für den Ottonormalvampir ungünstig. Aber auch Nordskandinavien wäre vorstellbar, mit seinen  ausgedehnten Nadelwäldern, oder die Tundra oder die Mongolei mit ihren Wiesen. Oder Nepal. Oder Grönland oder Feuerland oder das peruanische Hochland oder oder oder.

Doch Leben Vampire dieser bestechenden Logik folgend dort? Mitnichten! Irgendwie gibt es immer nur Geschichten von Blutsaugern im Eichenwald.

Entsprechend gehe ich davon aus, dass die Bücher nicht die ganze Wahrheit über den Vampirismus sagen. Eine gezielte Fehlinformation? Vielleicht.

Der Argumentation folgend könnte man auch die Frage nach der Gefährlichkeit von Kruzifixen und Weihwasser stellen.

Vielleicht sind Eichenpflöcke, Knoblauch und Weihwasser ja auch überhaupt gar nicht gefährlich für Vampire? Vielleicht haben ja die, wie eingangs schon erwähnt, intelligenten Vampire diese Märchen nur gestreut, um bedrohungsfrei ihrem finsteren Treiben nachgehen zu können? Möglicherweise gar sind all die beschriebenen Dinge sogar dazu geeignet, Vampiren zu mehr Macht zu verhelfen?

Denket einmal darüber nach.

Wenn ich recht habe, wem würden denn die falschen Informationen helfen? Doch eigentlich nur dem Papst und Händlern von Jungeichen.

Schauder….

Ich werde mich jedenfalls in Zukunft gerne in der Nähe eines Stapels angespitzter Fichten aufhalten.

Nur so zur Sicherheit.

Geräusch

Irgendetwas ganz, ganz Schlimmes ist geschehen, irgendwann innert der letzten Nacht. Ein Kobold hat mich wahrscheinlich heimgesucht, vorstellbar wäre aber auch allerlei andere Spukerei, welche Schabernack zu treiben beinhaltet. Denn stellt Euch vor: Mein Mobiltelefon läutet seit heute früh in einer mir bis dato unbekannten Art und Weise, so dass ich immer, wenn jemand meiner Stimme glockenhellen Wohlklang zu vernehmen wünscht, ich nicht wie sonst gewohnt lässig nach dem Telefone greife, nein, erschrocken, verwirrt und fahrig neige ich dazu den Anrufer versehentlich wegzudrücken.
Vielleicht sollte ich in der mannigfaltigen Geräuschbibliothek, welche im Innern des Wunderapparates schlummert, wieder nach dem gewohnten Laut stöbern, auf dass es wieder werde wie früher.
Denn merke:
Früher war alles besser…

Feldwirtschaft

Verwundert stolpere ich gelegentlich über verwirrende Worte. So fiel mir unlängst das Wort „Gottesacker“ auf. Warum Gottesacker? Wie soll ich mir denn da die Ernte vorstellen? Und ist das Bewirtschaften eines Gottesackers denn nicht Blasphemie, dieweil es ja nur den einen Gott gibt, bzw. geben darf? Wieso sollte den denn dann einer vermehren wollen und sollen? Und wie sieht denn da das Saatgut aus?

Letztere Frage lässt sich relativ leicht beantworten, wenn man sich die den Gottesacker beackernden Bauern und deren Tätigkeit genauer ansieht. Ihr Saatgut wird meist in großen Holzkisten geliefert und ist oftmals tatsächlich ziemlich keimig. Manchmal jedoch wird das Saatgut auch in kleineren Gefäßen gebracht, dann allerdings ist es meistens bis zur totalen Keimfreiheit erhitzt worden. Dennoch wird es ausgebracht.

Über jedes einzelne Stück Saatgut, welches ca. sechs Fuß tief vergraben wird (meines Erachtens viel zu tief um Erträge erwarten zu können), wird unvernünftigerweise meistens ein Stein gestellt. Damit wird es noch schwieriger für das erwartete Nutzgewächs.

Es gibt offenbar keine optimale Jahreszeit zur Aussaat, das Saatgut wird zu jeder Jahreszeit, gar bei tiefem Frost unter großen Mühen und großer Anteilnahme ausgebracht. Wirre Rituale in eigens dafür errichteten Gebäuden gehen der eigentlichen Aussaat voraus. Auch geschieht das Ausbringen nicht systematisch. Vielmehr wirkt die Standortwahl für die nächste Pflanzbemühung fast willkürlich, ja das Saatgut selbst und genetisch verwandtes Material legen den Standort fest. Oft geschieht es auch, dass das genetisch annähernd gleiche Material entgegen jeder gärtnerischen Vernunft an ein und demselben Platz in die Erde gebracht wird, auch wenn, wie bislang immer, der Ertrag zur Gänze ausblieb.

Erntemaschinen gibt es nicht. Für die Aussaat wird teilweise schweres Gerät zum Einsatz gebracht, die Ernte aber scheint auf dem herkömmlichen Gottesacker nicht erwartet zu werden. Vermutlich weil bis heute niemand weiß, wie ein reifer Gott aussieht und wie er zu ernten wäre. Ist es ein Götzenbild? Und wenn ja, in welcher Größe und aus welchem Material? Ist es ein lebend Wesen? Dann könnte und dürfte man ja nicht mit brachialer mechanischer Gewalt  zu Werke gehen. Die Ernte könnte beschädigt werden.

Doch sollte es dereinst tatsächlich einem Ertragsbauern im Götteranbau gelingen, einen erntereifen Gott anzubauen, was dann? Wo sind die Abnehmer? Wer sind die Abnehmer? Atheisten? Und wenn die dann die neuen Götter ankaufen, sind sie dann weiterhin Atheisten? Und was tun die mit der Ware? Verarbeiten? Und wie?

Fragen über Fragen über Fragen Über Fragen.

Der Mensch ist schon ein komisch Wesen.