Rehgenschauer

Man stelle sich das Folgende vor:

Ein irrer Wissenschaftler, so einer in einer schwarzen Burgruine mit Orgel im Turm und stetigem Gewitter in der zerklüfteten bergigen Umgebung, kommt auf mich zu und bietet mir seine Dienste an, mit der Frage, was er für mich tun könnte. Spontan fiele mir bestimmt nichts anderes ein, als dass er mich mittels Genmanipulation dahingehend umgestalten könnte, dass mir und meinen Nachkommen in Zukunft alljährlich ein prächtiges beinernes Gestänge, gleich dem des Rehbocks, aus der Stirn wüchse.

Stellen wir uns ferner vor, dem Wissenschaftler gelänge dies. Mein Äußeres wäre dann grotesk verändert. Zweifelsohne schüttelte es verschiedene Menschen, die meiner ansichtig würden, vor Grusel. Diese durch das Geweih hervorgerufene körperliche Reaktion wäre doch sehr treffend mit nur einer einzigen Vokabel zu beschreiben, nämlich:

Reh-Gen-Schauer.

Oder?

Brunst

Wer kennt das nicht: Gelangweilt latscht man an einem puscheligen Waldrebengerankel vorbei und zündet nebenher einen der filigranen Clematispuschel an. Üblicherweise macht es dann, wie in einer magischen Varietéshow, „FUFF!“ und das Puschelchen ist bis auf ein  paar wenige klitzekleine Ascheflusen verschwunden.

Genau das habe ich auch mal gemacht. Ist gottlob verjährt, daher kann ich meine Warnung hier nun öffentlich kundtun: Beachtet bitte die Fülle der Flusen, bevor ihr sie mit Eurem Feuerzeug in Flammen setzt! Mir geschah einst das Folgende: Nichtsahnend und auch nichts Schlimmes erwartend zündete ich auf dem Heimweg von der Schule ein paar fuffelige Flusen an, welche an einem verwahrlosten Maschendrahtzaun am Wegesrand wuchsen. Das Waldrebengerankel hatte sich bereits bis in die Kronen der hinter dem Zaun wachsenden Weißdornsträucher hinaufgearbeitet. Zudem schien es der Pflanze an nichts zu mangeln, offenbar hatte sie im Sommer üppigst geblüht und reichlich flusige Frucht hervorgebracht. Das hatte ich aber nicht weiter beachtet, auch nicht bedacht und vor allem nicht einkalkuliert in die möglichen Folgen meines Tuns. Denn der einzelne Flusenfuffel, den anzuzünden ich beabsichtigt hatte, brannte lichterloh auf und entzündete die nächsten beiden, welche wiederum die nächsten und so weiter und so fort. Eh ich mich’s versah stand der halbe Zaun in Flammen. Ich versuchte noch, die Flammen durch wildes Draufrumhauen zu ersticken, doch wurde es dadurch möglicherweise noch schlimmer, jedenfalls hatte ich im Versuch die Flammen zu ersticken keinerlei Erfolg. Das Feuer breitete sich rasant aus, das ganze Gestrüpp war insgesamt ziemlich trocken und uraltes trockenes Laub, seit Jahren im Gebüsch gefangen, gab dem Feuer zusätzliche Nahrung.

Ich entfloh dem Ort meiner unbeabsichtigten Missetat und verhielt mich anschließend auffällig unauffällig: Ich machte meine Französisch-Hausaufgaben. Tat ich sonst nie. Beim Blick von meinem Schreibtisch aus dem Fenster musste ich dann eine gigantische schwarze Rauchsäule ertragen, welche die Sonne zu verdunkeln sich anschickte. Zu allem Überfluss verleitete mich dann mein Vater auch noch zum Gaffen, fetter Feuerwehreisatz zwei Straßen weiter, das ist doch aufregend und so. Schlimm. Glaubwürdig konnte ich mich da nicht drumrumdrücken, entsprechend musste ich an den Ort meiner unbedachten Verfehlung zurückkehren und die emsige Betriebsamkeit bestaunen, die ein einziges Funzeln mit dem Feuerzeug ausgelöst hatte. In Flammen stand ein Brennstoffhandel, in erster Linie Kohlen, doch drohten die Flammen auf einen mit Öl und Benzin bestückten Schuppen überzugreifen. Die Feuerwehrleute wirkten angespannt. Ist dann aber nicht passiert mit dem Schuppen. Personenschäden sind auch keine entstanden. Puh.

Erwischt wurde ich nie, jedoch musste ich noch ein paar Jahre auf dem Weg von der Schule nach Hause immer an diesem Zaun vorbei. Im Maschendrahtgeflecht waren noch lange die geschmolzenen Überreste verschiedener Werbeschilder aus Plastik zu sehen. Die sind eventuell teilweise sogar immer noch da. Müsste ich mal überprüfen.

Also denket bitte daran: Waldrebengerankelpuscheln nur dann anzünden, wenn man sicher ist, dass nach einem kleinen „FUFF!“ auch alles wieder vorbei ist. Es kann sonst bös enden.

Altgras

Wer ist eigentlich blöder, Leute mit Stroh im Kopf oder Leute, die nur Heu in der Birne haben? Und woher kommt der Ausdruck, jemand sei doof wie Bohnenstroh? Was ist eigentlich Stroh, was ist Heu und wo liegt der Unterschied? Gibt es überhaupt einen?

Ich glaube, Stroh ist das, was hinten aus dem Mähdrescher rausfällt, wenn das Getreide fertig gedroschen, also ohne Samen ist. Kann man auch ohne Mähdrescher machen, mit Dreschflegel. Beim Heu fällt dieser Arbeitsschritt weg, Heu bleibt ungedroschen, muss aber speziell getrocknet werden, weil es ein Sammelsurium unterschiedlich alter Pflanzenteile von unterschiedlichen Pflanzen ist. Es ist auch feiner, doch ist das der Unterschied? Stroh ist sortenreiner Nutzgrasabfall, Heu hingegen querbeet allerlei Dörrzeug von der Wiese. Doch wie verhält es sich mit Bohnenstroh? Kann das überhaupt Stroh genannt werden, wo doch die Bohnenranke gar kein Gras ist? Aber dennoch Samenfrei, weil abgeerntet? Ist die getrocknete abgeerntete Bananenstaude demzufolge Bananenstroh? Oder ist das dann Heu, weil kein Gras? Oder was ganz anderes?

Ich bin etwas verwirrt. Könnte die Antworten jetzt im Internet suchen. Mache ich aber nicht, weil mache ich konsequenterweise nie. Stattdessen schreibe ich einfach ein paar ausgedachte Definitionen ins Internet, die werden dann automatisch wahr, weil steht ja im Internet, und so erspare ich mir die mühselige Mühe der Recherche.

Bequem, das.

 

 

Wissen

Wichtige Frage:

Dürfen Veganer eigentlich fleischfressende Pflanzen essen?

Die Venusfliegenfalle hat immerhin sehr dekorative Blätter, die könnten einem Salat durchaus optisch Pep verleihen. Und dann wäre es doch doof, wenn der vegane Gast den mit Aufwand kreierten Salatteller angewidert wegschöbe. Das könnte einem romatischen Date durchaus den angestrebten Verlauf verderben, und das gilt es doch zu vermeiden.

Auch für Sonnentaupesto habe ich noch kein Rezept gefunden. Warum eigentlich nicht? Ganz einfach: Ich habe gar nicht danach gesucht.

Ich weiß gar nicht, ob man solche Pflanzen überhaupt essen kann, immerhin könnten die Sekrete im Geblättere ja auch bei übermäßigem Genuss fatale umgekehrte Verdauungswirkungen erzielen.

Noch habe ich keinerlei größere Plantagen mit fleischfressenden Pflanzen gesehen. Und wie würden die denn eigentlich gedüngt? Würde man, um ein größtmögliches Aufkommen an Insekten als Pflanzenfutter zu züchten, jede Menge Fleischabfälle verteilen, auf dass Aasfliegen in Hülle und Fülle entstünden? Das wäre durchaus dem veganen Gedanken zuwiderlaufend und obendrein ziemlich eklig.

Man könnte auch Mücken züchten, indem man Altreifen neben den Feldern anlagert, in welchen sich Pfützen bilden, wo dann Mücken in großer Zahl ansässig werden könnten, insbesondere dann, wenn die Äcker sich in malariagefährdeten Gebieten befänden. Doch das wäre durchaus auch dem Komfort der Erntehelfer abträglich. Obst für Fruchtfliegen ginge eventuell auch, was aber eigentlich Verschwendung wäre.

Sind das die Gründe für die bisher eher geringe Dichte an Restaurants, die entsprechende Produkte feilbieten? Vielleicht. Aber wahrscheinlicher ist wohl, dass das Zeug einfach beschissen schmeckt.

Ich probiere das mal aus.

Mache ich vielleicht.

Oder auch nicht.

Temperatursturz

Allerlei Leute versuchen mir mein kommendes langes Wochenende madig zu machen indem sie behaupten, das Wetter würde nicht in meinem Sinne mitspielen wollen! Frechheit, das.

Ich habe das Ganze einfach mal überprüft, indem ich Wetterbericht anschaute und Wetterseiten im Internet besuchte. Erschütternderweise scheinen auch die mir mein verdientes langes Badewochenende nicht zu gönnen.

Aber ich lasse mich davon nicht beeindrucken. Ich sehe das gar nicht ein. Ich werde keinerlei Heizkörper reanimieren. Ich werde keine Schuhe tragen. Ich werde gemütlich am See rumhängen mit einem kalten Bier in der Pranke und den nackigen Füßen im Wasser. Ich werde warmes brandenburgisches Kiefernharz riechen. Könnt Ihr mich alle mal kennenlernen. Könnt Ihr Euch auf den Kopf stellen! Das kalte Kackwetter darf meinethalben die komplette kommende Woche ab Dienstag stattfinden, schließlich muss man ja auch an die Wälder denken, welche sich sonst eventuell noch ein Beispiel nehmen an den inakzeptablen Waldverhaltensweisen in Kanada derzeit (fürchterlich feuriges Temperament), die brauchen Wasser.Von mir aus auch noch ab sofort bis morgen nachmittag.

Aber muss das jetzt sein ?!

Du lieber Himmel: Nein !!

Eisheilige hin oder her, die Kleidungsmenge für meine Brandenburgtour wird sehr überschaubar ausfallen.

Mein Trotz wird mir helfen.

Werdet Ihr sehen.

Fell

Beim Familienbohei im Hause meiner Eltern letzte Woche wurden alte Kisten, Truhen und Koffer geöffnet, in welchen allerhand altes Familiengedöns drin rumliegt, wie zum Beispiel Briefe, Dokumente, Skatkarten, Wanderkarten, Fotos, Serviettenringe und altes defektes Familiensilber. Zudem noch der alte Jagdpelz meines Großvaters väterlicherseits.

Der Jagdpelz ist eine dicke, lange, annähernd lodengrüne Jacke, die innen mit Pelz ausgekleidet ist und einen Pelzkragen hat. Der Kragen ist aus einem Zobel gemacht. Zobel sind marderartige Tiere, die es diesseits des Urals mittlerweile gar nicht mehr gibt. Das Innere der Jacke ist mindestens ebenso spektakulär wie der Zobelkragen,ist sie doch mit echtem Bärenfell gefüttert. Meines Wissens hat irgendein Ahn von mir sowohl den Zobel als auch den Bären gemeuchelt und aus denen dann die Jacke gemacht. Denn früher gab es noch sowohl Zobel als auch Bär dort wo meine Ahnen lebten, im fernen Ostpreußen, heute Polen (zobelfrei), unweit von Königsberg, heute Kaliningrad, Russland,  ebenfalls unbezobelt.

Ich habe mir die schwere Joppe einmal übergeworfen und befand sie als passend für meine Körpermaße. Sie ist allerdings extrem warm. Sollten die weiteren Winter hierzulande ebenso luschig daherkommen wie die beiden letzten, so werde ich keine Verwendung mehr für die antike Tracht haben, wenn jedoch irgendwann wieder einmal Eis die Oder unschiffbar machen sollte, so sprach ich zu meinem alten Herren, dann werde ich den alten Jagdpelz aus der Truhe klauben und darin eingemummelt über Eisschollen lustwandeln. Schließlich muss der Jagdpelz ja alle paar Jahrzehnte mal wieder ausgelüftet werden.

Bedauerlicherweise haben wir aber keinerlei Papiere zu dem Jagdpelz, können also nicht beweisen, dass die Tiere nicht aus Jux und Dollerei illegal gewildert worden sind. Der Bär steht hierzulande streng unter Naturschutz und darf nicht mir nichts dir nichts zu  Jacken umgemodelt werden. Getötet werden darf er auch nur, wenn er sich bereits medienwirksam als Problembär hervorgetan und stammelnde Freistaatsministerpräsidenten gegen sich aufgebracht hat. Auch Zobel dürfen hier wohl nicht mehr bejagd werden. Wäre aber auch schwierig in Ermangelung derselben. Stehen die hier auch auf der Artenschutzliste? Keine Ahnung. Vermutlich genauso wie Koalabären und Tiefseeschwämme. Ihr Auftreten in freier Wildbahn ist hier eher unwahrscheinlich, dennoch sollte man sie deshalb nicht gleich ungestraft erwürgen oder erschießen dürfen.

Wenn ich nun also im tiefsten Frost mit kaum etwas am Leibe als dem familiären Jagdpelz irgendwo an der östlichen Peripherie der Bundesrepublik einem eingefleischten artenschutzerfahrenen Zöllner begegnen sollte, darf der  dann in Ermangelung gültiger Papiere dieses letzte Hemd mir nehmen? Ist es gar verboten, ein solches Jäckchen überhaupt zu besitzen? Muss man es anmelden? So wie alte Klaviere mit Elfenbeintasten? Oder alte Barhocker aus Elefantenfüßen? Nicht dass ich derlei besitze oder mich mit dem Gedanken an den Erwerb solcher Dinge trage, aber auf abgeschnittenen Elefantenfüßen mit Sitzpolster oben drauf habe ich in meiner Jugend tatsächlich einmal gesessen, anlässlich des Geburtstages einer Bekannten meiner Patentante bei der wir auf dem Rückweg aus dem Urlaub vorbeikamen. Der verstorbener Ehegatte dieser Dame war wohl Großwildjäger von Beruf oder in der  Freizeit. Die hatten da so ein Anwesen mitten im Wald mit Pool und einem Wintergarten mit Bar mit Elefantenfußhockern. Gruselig.

Aber zurück zum Jackenthema. Ich habe schon einmal eine alte Jacke meines Vaters getragen und erfolgreich verschlissen. Hierbei handelte es sich um einen alten Lodenmantel. In meiner Adoleszenz habe ich beschlossen, meinen Individualismus mithilfe des knie- bis wadenlangen Lodenmantels zu unterstreichen, denn so etwas trägt sonst eigentlich keiner. Als ich mich später zum Landschaftsgärtner ausbilden ließ und im Nacken des Mantels sehr zum Unmut meines Vaters eine Killerniete angebracht hatte, da sprach dann auch einmal ein Berufsschulkollege von mir folgenden wunderschönen Satz zu mir: „Dein Mantel ist eine sehr schöne Mischung aus guter deutscher Tradition und jugendlichem Aufbegehren!“.

Erst nachdem der Lodenmantel dann so fadenscheinig geworden war, dass man am Rücken, wo der Rucksack stets drüberschabte, durch den Mantel hindurch schon Zeitung lesen konnte und er entsprechend nicht mehr tragbar war, da übergab ich ihn schweren Herzens der Tonne. Ich verlangte von meinem Vater sodann einen Folgemantel. Und nicht irgendeinen, sondern einen ganz bestimmten. Dieser Folgemantel war ebenfalls ein alter Lodenmantel aus altem Familienbesitz, welcher nicht mehr getragen wurde. Er hatte aber noch eine kleine Besonderheit, nämlich auch dieser Mantel besaß einen Kragen aus Bärenfell, möglicherweise aus dem gleichen Bären gemacht, welcher auch im Jagdpelz eingenäht wurde. Mein Vater jedoch verweigerte die Herausgabe des Mantels, vermutlich weil er von Albdrücken geplagt wurde in welchen ich den schönen Bärenkragen nachlässig auf versifften Punkerlokalböden ablegte. Diese unschöne Zukunft wollte er den Bärenreliquien ersparen und versteckte das gute Stück vor dem Zugriff seines Sohnes im Kellerschrank, wo dann der Bärenkragen nebst Mantel von einer Schar Motten gefressen worden ist. Eigentor. Hätte ich auch nicht schlimmer machen können, eigentlich.

Zumindest für das gelegentliche Tragen des Jagdpelzes zum Auslüften desselben habe ich den Segen meines Vaters bekommen.

Zum Abschluss noch die extrem wichtige Frage, welche sich in meinem Geiste manifstierte während der Niederschrift des Eintrags:

Kann man Schwämme eigentlich überhaupt erwürgen? Wo die doch gar keinen Hals haben?

Mal Spongebob fragen.

 

Total vernetzt

Mein Haustier trägt keinen Namen. Es ist kein Fisch, kein Hamster und auch kein Kätzchen, nicht mal ein Schwein.

Es ist von ganz allein in meinem Haushalt aufgetaucht und lebt still vor sich hin. Es ist haarig, jedoch nicht flauschig. Auch kann man ihm nicht direkt Niedlichkeit attestieren.

Ich füttere es nie. Doch höre ich darob niemals einen Klagelaut.

Es ist ein friedliches und nützliches Haustier.

Es lebt am Fenster in unserer Wäschekammer. Am Oberlicht. Seine Behausung hat es sich selbst gebastelt.

Es handelt sich um ein mittlerweile recht stattliches Exemplar einer Kreuzspinne. Sie residiert bei uns schon seit längerer Zeit und sie verhindert das nervige Herumgesumme lästiger Insekten, indem es diese in seinem formschönen Netz einfängt und sodann tötet und verspeist. Aufgrund dieser Eigenschaft wird die Spinne auch geduldet.

Zum Zeitpunkt ihres Einzuges hatten wir gerade ein kleines Problem in der der Wäschekammer nächstgelegenen Küche. Dort trieben Lebensmittelmotten ihr Unwesen und wir hofften bis zum Entdecken ihres Ursprungs die Population mithilfe unseres neuen Haustieres kontrollieren zu können. Nachdem wir die Motten in unserer Wohnung erfolgreich wieder ausgerottet hatten bangte ich kurzzeitig um die Spinne, war doch eine wichtige Nahrungsquelle derselben versiegt. Doch die Spinne blieb hiervon unbeeindruckt. Offenkundig kommen genügend andere Insekten von draußen herein, auch schweben gelegentlich mal ein paar Fruchtfliegen durch unsere heiligen Hallen und bieten sich als Nährstofflieferant an.

Zumeist saß unsere Spinne einfach nur da, inmitten ihres Netzes und tat nichts. Entsprechend wurde sie auch ohne die verflixten Motten weiterhin akzeptiert, jedoch nicht von allen geliebt. Mitunter glaubten wir sogar, sie sei bereits tot und hinge nur noch aus alter Gewohnheit oben im Netz. Seit ein paar Tagen jedoch ist ein gesteigertes Aktivitätsniveau zu beobachten, sie hampelt wild herum und tollt lustig durch ihre Behausung, sehr zum Missfallen meiner Frau. Sie hofft, die Spinne würde noch einmal jugendlich tun, um sodann plötzlich an altersbedingtem Multiorganversagen zu versterben. Auch erwog sie bereits einen hinterhältigen Giftmord. Dieser diabolische Plan wurde jedoch  glücklicherweise in Ermangelung giftiger Kleinstinsekten, welche wir der Spinne verfüttern könnten, wieder verworfen.

Ich verteidige unseren achtbeinigen und vieläugigen Freund immerzu. Sein Leben ist mir lieb und teuer, ich mag die filigranen Formen seines Gespinstes, bewundere die Anmut seiner Zeichnung und freue mich über seine für mich sehr nützliche Art der Ernährung. Auch ist er sehr pflegeleicht, kümmert sich um alles selbst und lärmt nicht herum. Lediglich die Tatsache, dass die Spinne nicht stubenrein ist nervt leicht, sie kackt immer auf die Fensterbank.

Aber das lässt sich leicht wegmachen, und stinken tut es auch nicht.

Alles in allem kann ich nur jedem raten, sich in einer abgelegenen Ecke der Wohnung eine Kreuzspinne zu halten. Ihr Nutzen überwiegt die von ihr ausgehende Gefahr bei weitem. Auch ist die Gefahr, dass die Spinne durch die Wohnung trabt, um garstige Gespinstnester in den Körperhöhlungen der schlafenden Bewohner anzulegen gegen Null tendierend, eine Kreuzspinne ist stinkefaul und ein eingefleischter Stubenhocker. Sie verlässt ihr Nest praktisch nie. Bei unserer Spinne zumindest habe ich ein solches Verhalten bislang noch nicht beobachten können, sie hockt, wie bereits erwähnt, zuverlässig im Netz und lässt sich das Essen kommen, zwischendurch werden kleinere Reparaturmaßnahmen an der eigenen Immobilie vorgenommen, und selbst hierfür ist ein Verlassen des Netzes nicht vonnöten, dieweil alle Baustoffe körpereigen hergestellt werden.

Sollte dereinst einmal meine Spinne doch einen terroristischen Anschlag auf mein Leben verüben wollen, ich bin und bleibe unbesorgt. Ich habe einmal in einem Dokumentationsfilm gesehen, dass von Spinnen gebissenen Menschen plötzlich die Sinne geschärft, ihnen Superkräfte zuteil und ihre körperliche Anmut gesteigert werden.

Ich muss kurz nachdenken, wie hieß der noch?

Ach ja, Spiderman.

 

Bamblbie

Die angeblich den Gesetzen der Physik trotzenden Hummeln schlurfen derzeit unvernünftigerweise in der Gegend herum und sind dabei gelegentlich etwas schwächlich infolge der langen Winterruhe und des doch sehr überschaubaren Nahrungsangebotes. Und die taumeligen Brummelgesellinnen sind nicht einfach irgendwelche Hummeln, nein, es handelt sich um deren oberste Kaste: Die Königinnen! Diese suchen neue Nistplätze um eine neue Dynastie für ein Jahr zu gründen.

Man hat nun mehrererlei Möglichkeiten des Umgangs mit den adligen Tieren:

  1. Man könnte sie einfach ignorieren.
  2. Man könnte sie in revolutionärem Eifer zerlatschen, wie dereinst die Franzosen es uns vormachten.
  3. Man könnte sie mitnehmen und in den botanischen Garten tragen, wo man sie in den Schlund einer fleischfressenden Pflanzen wirft.
  4. Man könnte sie mit nach Hause nehmen und ihr dort eine spitze Nadel durch den Leib rammen um sie in der Insektensammlung unter Glas zu präsentieren.
  5. Man könnte eine Haarspraydose und ein Feuerzeug aus der Tasche ziehen und sie mittels gezieltem Flammenstoß zu Asche zu verbrennen.
  6. Man könnte sie einsammeln und an irgendwelche Vögel verfüttern.

Doch sollte man irgendetwas hiervon tun? Mitnichten! Niemals! Unter gar keinen Umständen! All dies wäre ein Verbrechen gegen die Natur! Ganze Hummelstaaten wären vernichtet, es käme einem Hummelgenozid gleich!

Und sind wir einmal ehrlich, wir alle finden es gut, dass es Geschöpfe gibt, welche dem Diktat der ungeliebten Physik zu widerstehen imstande sind und entgegen aller Wahrscheinlichkeit ihren voluminösen Leib mittels winziger Hautflügel in die Lüfte erheben können.

Das Einzige, was man also tun sollte, wird man einer netten dicken und schwächlichen Hummelkönigin gewahr, ist, sie mit ein wenig aufgelöstem Zucker aufzupäppeln, damit sie innert kürzester Zeit mit neuer Energie auf ihrer Suche nach einem geeigneten Nistplatz denselben finde, wo sie eine illustre Schar von Junghummeln hervorbringen kann, welche uns dann im Sommer mit ihrem tiefen Gebrumm erfreuen, diverses Obst und Gemüse durch Bestäubung möglich machen und gelegentlich sicherlich auch als Futter dienen kann für den einen oder anderen netten Singvogel.

Blutdurst

Diesen Holzpflockstapel habe ich gefunden.

An der Nordsee.

Und noch weitere.

Und bekam  Angst.

Offenkundig geht man an der deutschen Nordseeküste nahe dem Eidersperrwerk von einer bevorstehenden Vampirinvasion aus. Anders ist das massenhafte Horten von angespitzten Holzpflöcken wohl nicht zu erklären.

Kritiker mit Bücherwissen über Vampire und die Möglichkeiten der Vernichtung derselben mögen nun einwenden, dass es sich doch bei den gefundenen Pflöcken keineswegs um Eichen- sondern vielmehr um Nadelholzpflöcke handelt. Nun, da haben sie sicherlich recht, auch ich habe da kurz dran gedacht, anschließend jedoch ein paar logische Schlussfolgerungen angestellt, welche eindeutig belegen, dass man nicht davon ausgehen darf, dass Vampire ausschließlich mit Eichenholzpflöcken erlegt werden können. Welcher Art diese Schlussfolgerungen sind? Merket auf:

Der Vampir wird allgemein als eloquent, elegant, kultiviert und anpassungsfähig beschrieben. Neben seinen bösartigen und blutrünstigen Eigenschaften, versteht sich. Dennoch kann man ihm, anders als beispielsweise einem Zombie, durchaus ein gewisses Maß an Intelligenz nicht absprechen. Wenn nun also der Vampir gewissermaßen nur durch Eichenholzpflöcke und Weihwasser aus katholischen Taufbecken vernichtet werden kann, dann stellt sich doch sofort die Frage, warum er dann so gern in Mittel- und Osteuropa heimisch sein soll, wo doch hier überall große Eichenwälder um Unmengen von katholischen Gotteshäusern herumstehen?

Normalerweise hätte schon vor langer, langer Zeit ein großer Vampirexodus stattfinden müssen in Gebiete mit weniger Katholizismus und ohne Eichen. Der Orient stellt hier ein ganz gutes Zielgebiet dar. Aber ach, da scheint die Sonne immer so viel, und auch die ist doch für den Ottonormalvampir ungünstig. Aber auch Nordskandinavien wäre vorstellbar, mit seinen  ausgedehnten Nadelwäldern, oder die Tundra oder die Mongolei mit ihren Wiesen. Oder Nepal. Oder Grönland oder Feuerland oder das peruanische Hochland oder oder oder.

Doch Leben Vampire dieser bestechenden Logik folgend dort? Mitnichten! Irgendwie gibt es immer nur Geschichten von Blutsaugern im Eichenwald.

Entsprechend gehe ich davon aus, dass die Bücher nicht die ganze Wahrheit über den Vampirismus sagen. Eine gezielte Fehlinformation? Vielleicht.

Der Argumentation folgend könnte man auch die Frage nach der Gefährlichkeit von Kruzifixen und Weihwasser stellen.

Vielleicht sind Eichenpflöcke, Knoblauch und Weihwasser ja auch überhaupt gar nicht gefährlich für Vampire? Vielleicht haben ja die, wie eingangs schon erwähnt, intelligenten Vampire diese Märchen nur gestreut, um bedrohungsfrei ihrem finsteren Treiben nachgehen zu können? Möglicherweise gar sind all die beschriebenen Dinge sogar dazu geeignet, Vampiren zu mehr Macht zu verhelfen?

Denket einmal darüber nach.

Wenn ich recht habe, wem würden denn die falschen Informationen helfen? Doch eigentlich nur dem Papst und Händlern von Jungeichen.

Schauder….

Ich werde mich jedenfalls in Zukunft gerne in der Nähe eines Stapels angespitzter Fichten aufhalten.

Nur so zur Sicherheit.

Strahlend

Heute habe ich einen Telefonanruf in der Badewanne entgegengenommen. Nackig. Der Empfang war schlecht. Ich bin überzeugt, die Ursache für den schlechten Empfang zu kennen:
Mein nackter Astralleib strahlt dermaßen starke Anmut aus, dass diese Strahlkraft offenbar in der Lage ist, Mobilfunknetze zu stören.
Dies ist bislang nur eine These, ich telefoniere nur äußerst selten nackt. Um meine These zu bestätigen (wahrscheinlich) oder zu widerlegen (unwahrscheinlich) werde ich in der nächsten Zeit vielleicht mal öfter nackig telefonieren, am Besten an unterschiedlichen Orten, nur um sicherzustellen, dass die störenden Interferenzen nicht vom Badezimmer herrühren. Bestätigung werde ich vermutlich zunächst in der dem Bad nächstgelegenen Küche bekommen (vgl. https://thynnephph.wordpress.com/2015/03/09/abgeschirmt/ ). Auch nackt im Fahrstuhl und unbekleidet im Keller erscheint mir vielversprechend für den empirischen Beweis.
Möglicherweise werde ich dann anschließend umsatteln, den Sozialarbeitskram und die Landschaftsgärtnerei an den Nagel hängen und lukrativ zu irgendeinem Geheimdienst wechseln, um nackt Geheimgesprächen beizuwohnen, welche dann nicht mehr abgehört werden können. Kann ich bestimmt unfassbar viel Geld für verlangen. Und viele spannenden Sachen hören! Und ich darf dann vielleicht auch mit in die TTIP-Hinterzimmer!
Wenn es soweit ist werde ich dann die gehörten Geheimnisse hier veröffentlichen? Vielleicht.
Aber Pssst…. darf keiner wissen, sonst wird es nichts mit der zweiten Karriere.
Und das wäre doch zu schade.

Schwur

Warum eigentlich heißt die Eidechse Eidechse? Handelt es sich hierbei um Echsen, welche landläufig dafür bekannt sind, Eide zu schwören? Und warum schwor mir noch nie eine Echse einen Eid? Wem denn sonst?!
Was schwören sie denn eigentlich, die Eidechsen? Und worauf vor allen Dingen? Auf ihren Schwanz?
Und wenn man einen Eid schwört und dann bricht, ist man dann, weil man sich verschworen hat, ein Verschworener? Sind schwanzlose Eidechsen entsprechend immer verschworen?
Und weil Eidechsen ja schon vom Namen her Schwörer sind, handelt es sich bei ihnen immer um Geschworene?
Weshalb sieht man sie dann nie vor Gericht? Schwören Geschworene stets Schwüre, bevor sie sich Geschworene nennen dürfen? Glaubt man dem Fernsehen, so schwören sie auf heilige Schwarten. Auf der Straße und in der Gosse hingegen schwört man meistens auf Verschwägerte, am liebsten Mütter. Eher unüblich: Schwiegermütter. Ich schwöre am liebsten bei Leib, Leben und Seelenheil der Mutter meines Gegners, dass ich unversehrt aus der Situation gelangen werde.
Letzteres stimmt so eigentlich nicht. Ich habe diesen Schwur noch nie geschworen. Werde ich aber tun, wenn ich einer brenzligen Situation nicht mehr anders entgehen kann. Könnte ja klappen. Vorher sollte ich jedoch mittels geschicktem Frage- und Antwortspiel den Zerrüttetheitsgrad der Familie des mir gegenüberstehenden Aggressors ergründen, insbesondere inwiefern er seiner Mutter zugetan ist, oder aber er alles Erdenkliche zu tun bereit ist, um ihr Schaden zuzufügen.
Ich schwöre, ich schwor noch nie einen Schwur. Dies allerdings lieber nicht bei meinem Schwanz. Geschwöre und Geschwüre bringen doch niemanden voran!
Und obwohl ich gerade einen Schwur schwor, niemand nennt mich deshalb Eidmensch.