Beim Familienbohei im Hause meiner Eltern letzte Woche wurden alte Kisten, Truhen und Koffer geöffnet, in welchen allerhand altes Familiengedöns drin rumliegt, wie zum Beispiel Briefe, Dokumente, Skatkarten, Wanderkarten, Fotos, Serviettenringe und altes defektes Familiensilber. Zudem noch der alte Jagdpelz meines Großvaters väterlicherseits.
Der Jagdpelz ist eine dicke, lange, annähernd lodengrüne Jacke, die innen mit Pelz ausgekleidet ist und einen Pelzkragen hat. Der Kragen ist aus einem Zobel gemacht. Zobel sind marderartige Tiere, die es diesseits des Urals mittlerweile gar nicht mehr gibt. Das Innere der Jacke ist mindestens ebenso spektakulär wie der Zobelkragen,ist sie doch mit echtem Bärenfell gefüttert. Meines Wissens hat irgendein Ahn von mir sowohl den Zobel als auch den Bären gemeuchelt und aus denen dann die Jacke gemacht. Denn früher gab es noch sowohl Zobel als auch Bär dort wo meine Ahnen lebten, im fernen Ostpreußen, heute Polen (zobelfrei), unweit von Königsberg, heute Kaliningrad, Russland, ebenfalls unbezobelt.
Ich habe mir die schwere Joppe einmal übergeworfen und befand sie als passend für meine Körpermaße. Sie ist allerdings extrem warm. Sollten die weiteren Winter hierzulande ebenso luschig daherkommen wie die beiden letzten, so werde ich keine Verwendung mehr für die antike Tracht haben, wenn jedoch irgendwann wieder einmal Eis die Oder unschiffbar machen sollte, so sprach ich zu meinem alten Herren, dann werde ich den alten Jagdpelz aus der Truhe klauben und darin eingemummelt über Eisschollen lustwandeln. Schließlich muss der Jagdpelz ja alle paar Jahrzehnte mal wieder ausgelüftet werden.
Bedauerlicherweise haben wir aber keinerlei Papiere zu dem Jagdpelz, können also nicht beweisen, dass die Tiere nicht aus Jux und Dollerei illegal gewildert worden sind. Der Bär steht hierzulande streng unter Naturschutz und darf nicht mir nichts dir nichts zu Jacken umgemodelt werden. Getötet werden darf er auch nur, wenn er sich bereits medienwirksam als Problembär hervorgetan und stammelnde Freistaatsministerpräsidenten gegen sich aufgebracht hat. Auch Zobel dürfen hier wohl nicht mehr bejagd werden. Wäre aber auch schwierig in Ermangelung derselben. Stehen die hier auch auf der Artenschutzliste? Keine Ahnung. Vermutlich genauso wie Koalabären und Tiefseeschwämme. Ihr Auftreten in freier Wildbahn ist hier eher unwahrscheinlich, dennoch sollte man sie deshalb nicht gleich ungestraft erwürgen oder erschießen dürfen.
Wenn ich nun also im tiefsten Frost mit kaum etwas am Leibe als dem familiären Jagdpelz irgendwo an der östlichen Peripherie der Bundesrepublik einem eingefleischten artenschutzerfahrenen Zöllner begegnen sollte, darf der dann in Ermangelung gültiger Papiere dieses letzte Hemd mir nehmen? Ist es gar verboten, ein solches Jäckchen überhaupt zu besitzen? Muss man es anmelden? So wie alte Klaviere mit Elfenbeintasten? Oder alte Barhocker aus Elefantenfüßen? Nicht dass ich derlei besitze oder mich mit dem Gedanken an den Erwerb solcher Dinge trage, aber auf abgeschnittenen Elefantenfüßen mit Sitzpolster oben drauf habe ich in meiner Jugend tatsächlich einmal gesessen, anlässlich des Geburtstages einer Bekannten meiner Patentante bei der wir auf dem Rückweg aus dem Urlaub vorbeikamen. Der verstorbener Ehegatte dieser Dame war wohl Großwildjäger von Beruf oder in der Freizeit. Die hatten da so ein Anwesen mitten im Wald mit Pool und einem Wintergarten mit Bar mit Elefantenfußhockern. Gruselig.
Aber zurück zum Jackenthema. Ich habe schon einmal eine alte Jacke meines Vaters getragen und erfolgreich verschlissen. Hierbei handelte es sich um einen alten Lodenmantel. In meiner Adoleszenz habe ich beschlossen, meinen Individualismus mithilfe des knie- bis wadenlangen Lodenmantels zu unterstreichen, denn so etwas trägt sonst eigentlich keiner. Als ich mich später zum Landschaftsgärtner ausbilden ließ und im Nacken des Mantels sehr zum Unmut meines Vaters eine Killerniete angebracht hatte, da sprach dann auch einmal ein Berufsschulkollege von mir folgenden wunderschönen Satz zu mir: „Dein Mantel ist eine sehr schöne Mischung aus guter deutscher Tradition und jugendlichem Aufbegehren!“.
Erst nachdem der Lodenmantel dann so fadenscheinig geworden war, dass man am Rücken, wo der Rucksack stets drüberschabte, durch den Mantel hindurch schon Zeitung lesen konnte und er entsprechend nicht mehr tragbar war, da übergab ich ihn schweren Herzens der Tonne. Ich verlangte von meinem Vater sodann einen Folgemantel. Und nicht irgendeinen, sondern einen ganz bestimmten. Dieser Folgemantel war ebenfalls ein alter Lodenmantel aus altem Familienbesitz, welcher nicht mehr getragen wurde. Er hatte aber noch eine kleine Besonderheit, nämlich auch dieser Mantel besaß einen Kragen aus Bärenfell, möglicherweise aus dem gleichen Bären gemacht, welcher auch im Jagdpelz eingenäht wurde. Mein Vater jedoch verweigerte die Herausgabe des Mantels, vermutlich weil er von Albdrücken geplagt wurde in welchen ich den schönen Bärenkragen nachlässig auf versifften Punkerlokalböden ablegte. Diese unschöne Zukunft wollte er den Bärenreliquien ersparen und versteckte das gute Stück vor dem Zugriff seines Sohnes im Kellerschrank, wo dann der Bärenkragen nebst Mantel von einer Schar Motten gefressen worden ist. Eigentor. Hätte ich auch nicht schlimmer machen können, eigentlich.
Zumindest für das gelegentliche Tragen des Jagdpelzes zum Auslüften desselben habe ich den Segen meines Vaters bekommen.
Zum Abschluss noch die extrem wichtige Frage, welche sich in meinem Geiste manifstierte während der Niederschrift des Eintrags:
Kann man Schwämme eigentlich überhaupt erwürgen? Wo die doch gar keinen Hals haben?
Mal Spongebob fragen.