Was für die Gans St. Martin ist für den Flieder der Himmelfahrtstag, welcher gestern stattfand.
Zu St. Martin werden vielfach die berühmten Martinsgänse zubereitet und vertilgt. Zu Ostern sind es die Lämmer. Wobei in beiden Fällen das massenhafte Töten ein paar Tage früher stattfindet, damit die entsprechenden Kadaver am Feiertag lecker zubereitet auf dem Tisch zu stehen und die Tiere nicht mehr zu schnattern oder zu blöken haben. Der Flieder wird unfachmännisch am Himmelfahrtstag direkt zerrupft.
Aber gibt es als Mahlzeit auch einen Himmelfahrtsflieder? Nein. Altes Brauchtum verlangt es zu Himmelfahrt von vielen Männern, ihr Fahrrad aus dem Schuppen zu klauben, dies mit Fliederblüten zu bestücken und sodann alles daran zu setzen, sich unbeholfen auf dem geschmückten Fahrrad saufend durch die Lande zu bewegen. Sinn und Ziel dieses Brauches sind unbekannt. Und weil das unwürdige Treiben so gar unchristlich wirkt hat man dem Himmelfahrtstag bei diesem Tun auch den Namen Herrentag gegeben. Aber herrlich ist das auch nicht.
Menschen, die den Himmelfahrtstag nicht begehen, indem sie sich bis zur Besinnungslosigkeit besaufen, nennen ihn gerne Vatertag. In etwa zur gleichen Jahreszeit gibt es ja schließlich auch den Muttertag, da braucht der Mann ja sein Pendant! Aber wenn man sich noch nicht fortgepflanzt hat, dann will man ja trotzdem. Oder erst recht!
Dass der Muttertag ein ganz normaler Tag ist wie jeder andere auch, das ist hierbei unerheblich. Der Vater- bzw. Herrentag hat gefälligst frei zu sein. Und weil das nicht reicht braucht man einen Donnerstag, bei dem sich der darauffolgende Freitag natürlich vorzüglich als Brückentag eignet! Um den Kater über das Wochenende zu kurieren und seine Wunden zu lecken. Und wenn beides sich noch nicht eingestellt hat, dann hat ma ja noch ein langes Wochenende, um derlei herbeizuführen.
Alle Jahre wieder ist Christi Himmelfahrt ein unwürdiges Schauspiel, ein Schaulaufen der fliederschindenden Ochsen.
Aber wenigstens sind die Herren zumindest an diesem Tag fähig, einen Flieder zu erkennen. Verbuchen wir es also einmal unter Heimatkunde.
